Vorab-Spieletest sorgt für Ärger [Update]
Die Wormser Zuxxez Entertainment AG hat einen Vorab-Test ihres Spiels "KnightShift" beim Magazin "GameStar" durch einstweilige Verfügung gestoppt.
Das Wormser Spieleentwicklungshaus Zuxxez Entertainment AG hat am Montag, 8. September, beim Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung gegen die Computerspielezeitschrift GameStar erwirkt, die es dem bei IDG in München erscheinenden Magazin verbietet, einen in der aktuellen Ausgabe 10/2003 enthaltenen Test einer Vorab-Version des Zuxxez-Spiels "KnightShift" weiterhin zu verbreiten. Damit darf IDG die Heftausgabe in der vorliegenden Form praktisch nicht mehr verkaufen.
Das in puncto Auflage zweitgrößte deutsche Computerspieleblatt hat seinem mit Kritik nicht sparenden Test nach Aussage der Spieleentwickler eine noch unfertige englische Vorschauversion vom April des Jahres zugrunde gelegt. Solche Preview-Versionen stellen Spielepublisher Pressevertretern zur Verfügung, damit diese sich einen ersten Eindruck von einem bald erscheinenden neuen Spiel verschaffen können. Nach allgemein gepflegter Praxis werden diejenigen Presseversionen, die bereits einem kritischen Test unterzogen werden dürfen, von den Herstellern als testtaugliche Finals ausdrücklich freigegeben.
Im vorliegenden Fall soll dies nicht der Fall gewesen sein. Vielmehr hätten der Preview-Fassung gegenüber der für 19. September angekündigten Endversion noch wichtige Funktionen gefehlt, wie Zuxxez-Chefin, Designerin und Producerin Alexandra Constandache erklärte. So seien Kritikpunkte in den Test gekommen, die im endgültigen Spiel keine Grundlage mehr hätten. Beispielsweise warfen die GameStar-Tester dem aus Rollenspiel- und Strategieteil bestehenden "KnightShift" vor, es gebe nur im Rollenspielpart einen Mehrspielermodus. Laut Zuxxez bietet die Final-Fassung dergleichen auch auf der Strategieebene. Auch weitere Kritikpunkte des Tests, so Zuxxez, würden auf das endgültige Spiel nicht zutreffen.
Die GameStar-Redaktion hat inzwischen in einer Pressemitteilung Stellung bezogen. Nach ihrer Darstellung soll die fragliche "KnightShift"-Version doch zum Test freigegeben gewesen sein. Sie sei "spielbar" gewesen, und so habe man sie "regulär getestet und bewertet". Die vorliegende einstweilige Verfügung richte sich lediglich "gegen marginale Teile in dem Testbericht", die auf die 69-Prozent-Bewertung ohnehin keinen Einfluss gehabt hätten. "Bedauerlicherweise" seien im Wertungskasten aufgrund eines Versehens vier Angaben zu einem anderen Spiel abgedruckt worden. Zudem sei die Aussage des Testers, "KnightShift" ließe sich nur als Rollenspiel im Multiplayer-Modus spielen, als Irrtum zu betrachten. Auch das habe jedoch keinen Einfluss auf den zu bewertenden Spielspaß.
Dirk P. Hassinger, Leiter für den Bereich Business Development bei Zuxxez, erläuterte gegenüber heise online die Beweggründe des Publishers für sein juristisches Vorgehen. Zuxxez habe nicht vorrangig ein Interesse daran, die GameStar vom Kiosk zurückzuholen und die einstweilige Verfügung durchzusetzen. Vielmehr werde dem Vertriebsteam seit Erscheinen der GameStar-Ausgabe 10/2003 der fragliche Artikel mit fehlerhaften Angaben entgegengehalten, was den Absatz behindere. Weil die GameStar bei den Einkäufern eine hohe Glaubwürdigkeit besitze und alle Bemühungen, sich außergerichtlich auf eine Abänderung des Tests zu einigen, fehlgeschlagen seien, habe man sich gezwungen gesehen, den Rechtsweg zu beschreiten. Zuxxez strebt nun Hassinger zufolge einen über die reine Gegendarstellung hinausgehenden Widerruf an. Noch eingehender äußerte sich Hassinger zur Sache in einem Interview mit dem Online-Magazin "Krawall".
Tatsächlich kommt es relativ häufig vor, dass Computerspielezeitschriften ihre Tests auf Versionen stützen, die noch nicht hundertprozentig dem an den Handel auszuliefernden Spiel entsprechen. Ob eine solche Vorabversion lediglich als Anschauungsmaterial für einen Vorschaubericht oder als Grundlage für einen kritischen Test dienen kann, orientiert sich normalerweise an den Vorgaben des Herstellers. Dabei stellt dieser erfahrungsgemäß durchaus taktische Erwägungen an, was das zu erwartende Testergebnis angeht. So wurden typischerweise von den Spielen "Enter the Matrix" und "Tomb Raider - Angel of Darkness", die ihren Vorschusslorbeeren nicht gerecht werden konnten, keine Vor-Final-Tests veröffentlicht. Wenn dagegen ein Hersteller von seinem Produkt restlos überzeugt ist und die zu erwartende Testwertung seinen Vorstellungen entspricht, wird er eher geneigt sein, auch mal eine Vorabversion zu Testzwecken freizugeben. Auf Änderungen, die noch ausstehen, weisen Magazine nicht selten in ihren Tests hin - sofern sie davon wissen. Dass auch im vorliegenden Streit das Ergebnis des Tests eine gewisse Rolle spielen wird, zeigt eine Äußerung Hassingers in einer Zuxxez-Pressemeldung zur Sache: "Diese unglaublichen Schlampereien wiegen umso schlimmer, als das Testergebnis der Demo-CD gerade einmal 69 Prozent aufwies". Eine Wertung von unter 70 Prozent in führenden Spielemagazinen gilt für Neuerscheinungen, die auf erfahrene Vielspieler zugeschnitten sind, als wirtschaftliches Todesurteil. Wertungen oberhalb der 80-Prozent-Grenze kurbeln den Absatz an.
Gegen eine schlechte Bewertung in der Presse kann ein Hersteller rechtlich normalerweise kaum etwas unternehmen - wenn sie sich jedoch auf eine nicht freigegebene Grundlage stützt und das zu verkaufende Produkt nachweislich gar nicht betrifft, sieht das anders aus. Die einstweilige Verfügung richtet sich denn auch sowohl von ihrer Begründung her als auch von der Substanz der gerichtlichen Entscheidung gegen die Behauptung falscher Fakten im GameStar-Bericht.
Tatsächlich dürfte für die junge Firma Zuxxez, in der sich Überreste aus der insolvent gewordenen Topware AG zusammengefunden haben, einiges vom Erfolg des Hoffnungsträgers "KnightShift" abhängen. Angesichts eines Entwicklungsbudgets von drei Millionen Euro und eines Marketingbudgets von weiteren 500.000 Euro liegen dort wohl die Nerven etwas blank. Auch mit GameStar-Konkurrent "PC Games" hatte man vor zwei Monaten schon Meinungsverschiedenheiten, die allerdings außergerichtlich bereinigt wurden. Außerdem hat Zuxxez für "KnightShift" im Ausland bereits namhafte Vertriebspartner gefunden, die man nicht durch schlechte Presse verschreckt sehen möchte.
"KnightShift" soll über das Koch-Media-Label Deep Silver ab 19. September in den Handel kommen. Wer sich selbst ein Bild vom Spiel machen will, kann sich von einem Mirrorserver eine jetzt freigegebene 493-MByte-Demo herunterladen, die nach Auskunft von Zuxxez etwa den Umfang der von GameStar getesteten Preview-Fassung hat, damit aber nur etwa 5 Prozent des fertigen Spiels repräsentieren soll. (Dr. Andreas Lober) / (psz)