Internet-Registries legen Vorschläge für unabhängige Dachorganisation vor

Nach jahrelangen zähen Verhandlungen mit der ICANN wollen sich RIPE, ARIN, APNIC und LacNIC ein unabhängiges globales Gremium schaffen.

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Von
  • Monika Ermert

Die vier Registries (Regional Internet Registries, RIR), die weltweit die lokale Zuteilung von IP-Nummern organisieren, haben gestern ihre Vorschläge für die von ihnen geplante Dachorganisation "Number Resource Organization" (NRO) vorgelegt. Nach jahrelangen zähen Verhandlungen mit der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) wollen sich RIPE (Réseaux IP Européens), APNic (Asia Pacific Network Information Centre), ARIN (American Registry for Internet Numbers) und LacNIC (Latin American and Caribbean Internet Addresses Registry) damit ein unabhängiges globales Gremium schaffen.

Es gehe unter anderem darum, einem möglichen Versagen der ICANN vorzubeugen, erläuterte Axel Pawlik, Geschäftsführer von RIPE NCC, auf Anfrage von heise online. Man unterstütze ICANN grundsätzlich und wolle auch weiterhin im Rahmen von ICANN arbeiten, heißt es in einem von den RIRs ebenfalls zur Diskussion gestellten Anschreiben an die Netzverwalter in Marina del Rey. Die NRO soll entsprechend einem gleichzeitig vorgelegten Vertragsentwurf die Aufgaben der in der ICANN verankerten Address Supporting Organisation (ASO) übernehmen.

"Wir sind uns darüber bewusst, dass ICANN ein Privatunternehmen ist und seine Zukunft daher nicht hundertprozentig abgesichert ist", heißt es in einem beigefügten offenen Brief an die ICANN-Spitze. Der entscheidende Auslöser für die Gründung der NRO war die von Ex-ICANN-Chef Stuart Lynn angestoßene Reformdebatte über die Art der Selbstverwaltung. Eigenmächtige Kursänderungen der ICANN-Spitze hatten die Verantwortlichen bei den RIRs zeitweise sogar dazu veranlasst, die vollständige Herauslösung der IP-Adressverwaltung aus dem ICANN-Prozess ins Auge zu fassen.

Faktisch ist man davon mit der geplanten NRO, deren Sekretariat und Leitungsgremium abwechselnd von den beteiligten RIRs verantwortet wird, nicht mehr sehr weit entfernt. Globale Regelungen für die Adresspolitik sollen auf Ebene der NRO im Konsens entschieden werden. ICANNs Direktoren könnten dann nur mit Zweidrittel-Mehrheit dagegen Einspruch einlegen. Will die ICANN-Spitze ihrerseits neue Bestimmungen im Bereich Adressvergabe verabschiedet sehen, muss sie die NRO anrufen und deren jeweilige Entscheidungen abwarten. Nach dem Selbstverständnis der RIRs bedeuten die vorgelegten Verträge eine schriftliche Fixierung der bereits bestehenden Situation. Bei der ICANN könnte man dies allerdings ganz anders sehen.

Die Mitglieder der vier RIRs sind nun aufgefordert, zu den einzelnen Dokumenten auf einer gemeinsamen Mailingliste bis zum 22. Oktober Stellung zu nehmen. (Monika Ermert) / (anw)