Mehr oder weniger geliebt: das Internet Governance Forum

Im ägyptischen Sharm El Sheik beraten weit über 1000 Vertreter von Regierungen, internationalen Organisationen, Nichtregierungsorganisationen und einiger weniger Unternehmen über die Zukunft des IGF.

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Von
  • Monika Ermert

Was hat das Internet Governance Forum (IGF) der Vereinten Nationen in vier Jahren seines Bestehens erreicht? Diese Frage beantworten ab heute im ägyptischen Sharm El Sheik weit über 1000 Vertreter von Regierungen, internationalen Organisationen, Nichtregierungsorganisationen und einiger weniger Unternehmen. Im kommenden Jahr läuft das Mandat des Forums aus. UN-Vizegeneralsekretär Sha Zukang rief die Teilnehmer dazu auf, Argumente für das das Fortbestehen, mögliche Verbesserungen oder aber ein Auslaufen des Experiments vorzubringen.

Klare Unterstützung für die Fortführung des Forums, das seit 2006 über Regeln im globalen Netz debattiert, kam von Seiten der ägyptischen Gastgeber. Der ägyptische Kommunikationsminister Tarek Kamel sagte, das IGF müsse weiterhin kreative Modelle für globale Netzpolitik vorschlagen. Kamel nannte die grenzüberschreitende Zusammenarbeit beim Kampf gegen Cybercrime, bessere Maßnahmen zum Schutz von Kindern und die aus ägyptischer Sicht wichtige Internationalisierung von Domainnamen. Er kündigte an, dass Ägypten am morgigen Montag seinen Antrag für eine arabische Länderadresszone bei der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN ) offiziell machen wolle. Auch Social Networks, die die Art und Weise der Jugend zu kommunizieren und zu denken prägten, sollten laut Kamel Gegenstand der Diskussionen beim IGF sein.

Für die EU unterstützte die schwedische Wirtschaftsministerin Asa Torstensson ausdrücklich die Fortführung des Dialogforums. Nii Quaynor, einer der Internetpioniere in Afrika, sagte, das IGF habe die Probleme Afrikas der Welt näher gebracht. Ägyptens Premierminister Ahmed Nazif nannte das IGF einen wichtigen Raum des Dialogs. Das Forum könne die Verwaltung des globalen Cyberspace in beschlussfähigen Foren so vorbereiten, dass man dabei gemeinsamen Ansprüchen auf freien Zugang, freie Meinungsäußerung, auf Zugang zu Bildung und Wissen genügen könne.

Am Rande des ersten Konferenztags beklagten freilich Vertreter der Open Network Initative (ONI), die ihr neues Buch zur zunehmend intelligenten Kontrolle des Cyberspace vorstellen wollten, dass ihre Plakate vom Sicherheitspersonal im Konferenzhotel entfernt worden waren, weil sie im Untertitel von "Filtermaßnahmen im Stil der großen chinesischen Firewall" gesprochen hatten. "Wenn wir beim Internet Governance Forum nicht über Einschränkungen des freien Zugangs sprechen können, welchen Sinn macht so ein Forum dann überhaupt?", fragte ONI-Direktor Ronald Deibert.

Ironischerweise ist es laut Aussagen von Experten ausgerechnet China, das eher für eine Beendigung des Mandats des IGF eintreten wolle. Die gleichberechtigte Teilnahme von Nichtregierungsorganisationen an allen Debatten im IGF ist ein kompletter Bruch mit UN-Konventionen, das sogenannte Multistakeholder-Modell der Zusammenarbeit aber für manche Regierungen gewöhnungsbedürftig.

Gleichzeitig ist genau diese Zusammenarbeit von Regierungen, Aktivisten, Techies und Unternehmen – Letztere sind allerdings wohl erneut die kleinere Gruppe – das sichtbarste Ergebnis des IGF. Bei einer vom Europarat mit organisierten Debatte zum Thema Menschenrechte und Internet Governance räumte Michael Remmert, Experte beim Europarat, ein, dass die Cybercrime Convention heute wohl anders verhandelt werden müsste. Institutionen wie die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) haben sich der Mitarbeit von zivilgesellschaftlichen Gruppen geöffnet.

Andererseits werden Internetorganisationen zunehmend politisch aktiv. So kündigte W3C-Gründer Tim Berners-Lee an, die seit 2008 bestehende World Wide Web Foundation habe nun ihre Geschäfte aufgenommen. Sie will sich für den besseren Zugang zum Web auch in ärmeren Ländern einsetzen. (hos)