Zukunft der digitalen Lehre noch ungewiss
Die heute in Hamburg eröffnete Kongress-Messe Campus Innovation wirbt für den Ausbau der digitalen Lehre an deutschen Hochschulen -- und sucht nach Wegen, wie sich dies dauerhaft finanzieren lässt.
Dank mehrerer hundert Millionen Euro an Fördergeldern ist digitale Lehre in Deutschland kein Fremdwort mehr: Mehr als 2300 E-Learning-Projekte haben die Veranstalter der heute eröffneten Kongress-Messe Campus Innovation Hamburg an deutschen Hochschulen ausgemacht. Die Spanne ist groß: Da gibt es das mit Animationen angereicherte Vorlesungsskript, mit Anmerkungen ergänzte Videos von real gehaltenen Vorlesungen oder Simulationen, die das übliche Laborpraktikum ergänzen oder bei teuren, extrem zeitaufwendigen oder gefährlichen Versuchen auch ersetzen können. Manche Angebote machen nur das Präsenzstudium etwas unabhängiger von Zeit und Ort, während andere wie die Virtuelle Fachhochschule die Verhältnisse gleich ganz umkehren und ein prinzipiell online laufendes Fernstudium mit gelegentlichen Präsenzterminen ergänzen.
Mit dem Untertitel "Meet the best in E-Learning" wirbt der noch bis zum 1. Oktober an der Universität Hamburg stattfindende Kongress vor allem mit rund 30 Präsentationen vorbildhafter E-Learning-Angebote aus verschiedenen Fachbereichen für den weiteren Ausbau der digitalen Lehre. Ebenfalls auf dem Programm stehen teilweise auch als Livestreaming verfolgbare Diskussionen mit namhaften Experten aus dem In- und Ausland, die vor allem den Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft fördern sollen.
Ziel der Veranstaltung sind "nachhaltige Lösungen" und "langfristige Kooperationen mit gewerblichen Partnern" -- im Klartext: die Entwicklung von E-Learning ist recht teuer und lohnt sich nur dann so richtig, wenn sich das Ganze neben dem Einsatz in der Hochschullehre auch noch als Weiterbildung verkaufen lässt. Obwohl die im GATS-Abkommen bereits 1994 vereinbarte und nach wie vor umstrittene Liberalisierung des Bildungsmarktes dazu geführt hat, dass auch die Vermarktung von Weiterbildung als Kernaufgabe deutscher Hochschulen gesehen wird, sind diese dabei in der Breite bisher nur mäßig erfolgreich. Der Anteil der Hochschulen an der konventionellen beruflichen Weiterbildung beträgt bisher nur wenige Prozent. Damit die Wirtschaft hier mehr Geld -- gerade auch für die E-Learning-Angebote -- ausgibt, müssten sich die Hochschulen aber wohl zu Dienstleistern wandeln, die auf bestimmte Unternehmen zugeschnittene Themen aufbereiten und schnell anpassen -- ein Markt, auf dem sich bereits etliche darauf spezialisierte große und kleine Player tummeln. Dafür, wie Hochschulen das für den Erfolg in diesem Feld notwendige kommerzielle Marketing mit dem Grundauftrag in Forschung und Lehre vereinbaren könnten, ist derzeit noch kein Patentrezept in Sicht.
Will man die E-Learning-Angebote aber tatsächlich im Regelstudium etablieren, drängt für viele die Zeit: Längst nicht allen Hochschulen ist es bisher gelungen, ihre Online-Projekte wirklich in den laufenden Betrieb zu übernehmen und mit der langfristigen Finanzierung auch deren kontinuierliche Weiterentwicklung zu sichern. Die Förderung durch das Bundesbildungsministerium (BMBF) war nur als Anschubfinanzierung gedacht, die Gelder für die meisten Projekte laufen jetzt aus, während gleichzeitig die Länder die Hochschuletats kürzen statt für neue Entwicklungen noch ein paar Euro oben draufzulegen. Wenn sich jetzt nicht schnell unkonventionelle Lösungen für die dauerhafte Finanzierung finden, dürften die Ergebnisse von so manchem Projekt spätestens, wenn die Aktualisierung ansteht, wieder in der Schublade verschwinden. (anm)