VeriSign nimmt Site Finder vom Netz

Der umstrittene Site Finder Service, der alle Anfragen nach nicht existierenden .com- und .net-Domains auf eine Suchseite von VeriSign umleitet, geht vorerst vom Netz.

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Von
  • Monika Ermert

VeriSign macht einen Rückzieher: Es wird seinen umstrittenen Site Finder Service vorerst vom Netz nehmen, der seit dem 15. September alle Anfragen nach nicht registrierten .com- und .net-Domains auf die hauseigene Suchseite umleitet. Der Domainmonopolist folgt damit einer überraschend unmissverständlichen formellen Aufforderung der Internet Corporation for Assigned Namens and Numbers (ICANN). Diese hatte gestern in einer Blitzaktion VeriSign ultimativ zur vorläufigen Abschaltung des umstrittenen Dienstes bis spätestens heute, 18:00 pazifischer Zeit (kommende Nacht, 3 Uhr mitteleuropäischer Zeit) aufgefordert.

"Wenn Sie dieser Aufforderung nicht innerhalb der genannten Frist nachkommen, hat die ICANN keine andere Wahl, als ohne weitere Verzögerung die Einhaltung der Vertragspflichten von VeriSign zu erzwingen", schrieb ICANNs Präsident Paul Twomey an das Unternehmen. Der geharnischte Brief der ICANN kam unerwartet, da die privaten Netzverwalter gerade erst eine offene Sondersitzung ihres Sicherheitskomitees für den 7. Oktober angekündigt hatten. In der Begründung zu der plötzlichen Auforderung verwies Twomey auf die von verschiedenen Seiten vorgetragenen Probleme, die Site Finder für die Stabilität des DNS mit sich bringe. Die Stabilität des Internet ist das Mantra der ICANN. Man sei außerdem zum Schluss gekommen, dass die von VeriSign "im Alleingang und ohne Vorankündigung vorgenommenen Änderungen in den com- und net-Zonen" im Widerspruch zu den Verträgen zwischen VeriSign und ICANN stehen, heißt es in Twomeys Brief. Vor allem widerspreche die Site-Finder-Einführung der Pflicht, als neutraler Registry Service Provider zu handeln und verletzte das Registry-Registrar-Protokoll, die Regeln für die Bereitstellung der Domainregistrierung und die Regeln über nicht autorisierte Registry-Services.

Vor allem die lange Liste der von ICANN monierten Vertragsverletzungen dürfte es sein, die VeriSign zum sofortigen Handeln veranlasst hat. Nur wenige Stunden nach Bekanntwerden des Twomey-Briefs reagierte der Exmonopolist. "Ohne große Anhörung hat ICANN uns heute aufgefordert, unseren Site Finder Service abzuschalten", ließ Russel Lewis, Vizepräsident des Domain- und Directory-Bereichs über seine Pressestelle mitteilen. "Wir werden der Aufforderung nachkommen und gleichzeitig prüfen, welche anderen Optionen uns noch offen stehen." 40 Millionen User hätten Site Finder innerhalb der letzten Tage genutzt, klagte VeriSign, und zögen das Navigationstool einer Fehlermeldung vor. ICANNs technische Bedenken bezeichnete VeriSign als "anektdotenhaft" und "von isolierten Beispielen abgeleitet".

Das Unternehmen stilisierte die noch ausstehende endgültige Entscheidung zur Grundsatzentscheidung über die Möglichkeit für "Innovationen in der Infrastruktur des Internet". Gegen den Vorwurf, Innovation durch Regulierung zu behindern, hat sich der Präsident der ICANN aber gewappnet. Er teile durchaus Bedenken gegenüber der Behinderung von Innovation bei neuen Registry-Services, schrieb Twomey listig, und sei dagegen, dass neue Dienste, die keine negativen Effekte hätten, blockiert würden. Allerdings habe VeriSign als Statthalter der größten TLD-Zonen eine ganz besondere Verpflichtung gegenüber der Öffentlichkeit. Daher sei ein schneller und transparenter Prozess notwendig, der die Effekte von Innovationen wie Site Finder vor deren Einführung überprüfe. Abgesehen von der geplanten Anhörung des Technik-Komitees versprach Twomey daher eine Entscheidung des für Top-Level-Domains zuständigen ICANN-Gremiums, der GNSO, bis zum 15. Januar. (Monika Ermert) / (bo)