Widerstand gegen Bankdaten-Transfer in die USA bröckelt

Die schwedische EU-Ratspräsidentschaft hat den Druck auf Deutschland und Österreich erhöht, dem umkämpften Abkommen für den Zugriff von US-Behörden auf Daten des Finanzdienstleisters SWIFT zuzustimmen.

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Die schwedische EU-Ratspräsidentschaft hat den Druck auf Deutschland und Österreich erhöht, dem umkämpften Abkommen für den Zugriff von US-Behörden auf Daten des Finanzdienstleisters SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) doch noch zuzustimmen. Das SWIFT-Netzwerk in Belgien bündelt Überweisungsdaten von 9000 Banken aus über 200 Ländern. Eingeschlossen sind auch Überweisungen innerhalb der EU und Eilanweisungen innerhalb Deutschlands. Über SWIFT werden täglich im Durchschnitt fast 15 Millionen Transaktionen und Transfers mit einem Volumen von etwa 4,8 Billionen Euro abgewickelt.

Laut einem Bericht der Financial Times Deutschland (FTD) haben Brüsseler Diplomaten die Gegner des Vorhabens im Gremium der Mitgliedsstaaten wissen lassen, dass Frankreich und Finnland ihre Datenschutzbedenken "weitgehend aufgegeben" hätten. Nur Italien und Griechenland teilten noch die Skepsis der Regierungen in Berlin und Wien.

Auch die EU-Kommission trommelt demnach für die geplante Vereinbarung zwischen Brüssel und Washington zur Weitergabe der internationalen Überweisungsinformationen. Sie habe den Botschaftern der EU-Länder eine Liste mit Fahndungserfolgen präsentiert, bei denen die Auswertung europäischer Bankdaten eine Rolle gespielt habe. Darauf befinde sich auch die Verhaftung der sogenannten Sauerland-Gruppe, die hierzulande Terroranschläge geplant haben soll. Vertreter von Rat und Kommission hoffen nun, die verbliebenen Kritiker des geplanten Abkommens bis zum Treffen der Innen- und Justizminister der Gemeinschaft am 30. November noch umstimmen zu können.

Der Zentrale Kreditausschuss der an SWIFT beteiligten Banken riet Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) dagegen von einem "übereilten Vorgehen" ab. Der Datenschutz könne durch das Abkommen "konterkariert" werden, fürchten die Experten. Zudem könnten die US-Fahnder künftig nicht nur auf die Überweisungsinformationen des in Brüssel beheimateten Finanznetzwerks, sondern auf die jedes Kreditinstituts zugreifen. Leutheusser-Schnarrenberger selbst hatte gerade noch einmal betont, dass gemäß der schwarz-gelben Koalitionsvereinbarung ein automatisierter Zugriff auf die SWIFT-Server von außen ausgeschlossen werden solle. Es sei zudem unpassend, dass das Abkommen kurz vor dem Inkrafttreten des Lissabonner Vertrags Anfang Januar 2010 noch "durchgepeitscht" werden solle. Künftig stehe den EU-Abgeordneten ein Mitentscheidungsrecht zu.

"Die Bundesregierung darf auf die faule Nuss, die ihnen von der schwedischen Ratspräsidentschaft im Falle der Bankdatenweitergabe vorgelegt wird, nicht hereinfallen", warnt denn auch der Datenschutzexperte der Grünen im EU-Parlament, Jan Philipp Albrecht. In keinem der besonders kritisierten Bereiche habe der neue Abkommensentwurf eine Änderung gebracht. Sowohl die Bestimmungen zur Nutzung und Weitergabe der EU-Bankdaten etwa an dritte Behörden und Staaten, als auch bei der Ausgestaltung gleichwertiger Rechtschutzmöglichkeiten für europäische Bürger habe es keine Verbesserung gegeben. Für bedauerlich hält es Albrecht auch, dass Konservative, Sozialisten und Liberale eine Aussprache zu SWIFT in der Plenarsitzung des EU-Parlaments in dieser Woche abgelehnt hätten.

Zumindest die SPD-Gruppe der Volksvertretung hat in dem Streit aber bereits mit rechtlichen Konsequenzen gedroht. Man wolle klagen, falls die EU-Minister Ende des Monats die Vereinbarung absegnen sollten, hieß es bei den Sozialdemokraten. SPD-Innenexpertin Birgit Sippel monierte, dass die Ratspräsidentschaft trotz der Proteste aus dem Parlament diesem bislang keine Mitspracherechte angeboten habe. Aussagen, nach denen die USA durch die bereits seit Ende 2001 laufende Überprüfung der vom Finanzdienstleister abgewickelten Überweisungen wichtige Erkenntnisse für den Kampf gegen den Terrorismus gewonnen hätten, seien nicht schlüssig belegt worden.

Die US-Regierung sieht unterdessen keinen Grund für Nachbesserungen. Das Programm des Finanzministeriums habe zum Schutz der Bürger auf beiden Seiten des Atlantiks beigetragen und eine "Schlüsselrolle" bei einer Vielzahl von Terrorermittlungen gespielt, lautete die Ansage aus Washington. Die USA hätten schon seit Jahren umfassende und effektive Datenschutzvorkehrungen getroffen, an denen nichts geändert werden solle.

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(jk)