EU-Konferenz: Verzögerung beim Umsetzen der Anti-Spam-Richtlinie

Die EU-Kommission will den Mitgliedsstaaten Dampf machen, damit mehr öffentliche Aufklärung und Regulierungsmaßnahmen umgesetzt werden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 25 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Gesetze allein werden das Spam-Problem nicht lösen. Das sagte EU Kommissar Erkki Liikanen bei der von der Kommission veranstalteten Spam-Konferenz gestern in Brüssel. Die Kommission will bis Ende des Jahres eine Mitteilung herausgeben, die den Mitgliedsstaaten im Kampf gegen das Übel Dampf macht und den effektiven Vollzug, mehr öffentliche Aufklärung und weitere Selbstregulierungs- und technische Anstrengungen der Branche einfordert. Noch hinken indes viele Mitgliedsstaaten schon bei der Umsetzung der Datenschutzrichtlinie, und damit auch des darin geforderten Opt-In-Prinzips, hinterher. Dabei tickt die Uhr: die nationalen Gesetzgeber haben nur noch bis zum 31. Oktober Zeit.

Richtlinie und nationale Gesetzgebung könnten den Kampf gegen Spam zwar theoretisch erleichtern, aber es fehlt an echten Sanktionen gegen die Spammer, warnt Richard Cox von Mandarin Technologies. "Wir leiden an einem enormen Vollzugsproblem", sagte der britische Netzwerkexperte. Die Behörden seien personell und finanziell überfordert. Das Know-How bei Polizei und Datenschützern reiche nicht aus. In Großbritannien hätten die Datenschützer bereits angekündigt, dass sie die geplanten Anti-Spam-Gesetze nicht durchsetzen könnten, weil ihnen dazu schlicht die entsprechenden Mittel fehlen.

Das mussten auch die französischen und belgischen Datenschutzbehörden feststellen, die im Vorfeld der Richtlinienumsetzung Beschwerde-Mailboxen für ihre Nutzer öffneten. "Wir hatten nach zwei Monaten 50.000 Beschwerden vorliegen, die wir analysiert haben", sagte eine Vertreterin der belgischen Datenschutzbehörde gegenüber heise online. In vielen Fällen habe man den eigentlichen Ursprung der Spam nicht zurückverfolgen können. Verfahren und Sanktionen gegen den Spammer wären einfach zu aufwändig gewesen, Anfragen bei europäischen Kollegen wurden nur spärlich beantwortet. "Außerdem haben wir uns mit den Spammails auch noch eine Menge Viren eingefangen. Wir hatten laufend Computerprobleme", so die Datenschützerin. Sowohl in Frankreich wie in Belgien wurden die Beschwerde-Mailboxen wieder geschlossen.

Solange noch attraktivere Ausweichmöglichkeiten für die "Bad Guys" bleiben -- wie zum Beispiel die Opt-Out-orientierte USA oder China --, gibt es laut Unternehmer Cox ohnehin nur erfolgversprechende Maßnahme: die Backboneprovider müssen herhalten. "Wer von Spam weiß, die über das eigene Netz geht, und nicht aktiv wird, ist als Backbone-Provider nicht akzeptabel." Eine solche Entwicklung sei ohnehin schon im Gang. Erst kürzlich, so Cox, sei das gesamte Netz von China.net abgeklemmt worden. Massive Vorwürfe äußerte Cox im Gespräch mit heise online auch gegen die Deutschen Telekom, aus deren Netz mehr Attacken kämen als in jedem anderen Netz.

Während sich in Brüssel die anwesenden Carrier mit Ausnahme der Mobilcarrier auffällig zurückhielten, konnte ECO-Geschäftsführer Harald Summa dieser Idee wenig abgewinnen. Summa sagte, Provider seien nur Transporteure von Nachrichten. Er warb vielmehr für die ECO-Initiative von Trusted Networks. Sogenannte Premium-E-Mails sollen dabei nur noch über vertrauenswürdige Server ausgetauscht werden. Die Notwendigkeit zu filtern würde in diesem Netz aufgehoben, so Summa. Ob Premium-Mail auch "Premium-teuer" wird, darauf gab Summa keine Antwort. Schließlich könnte die Branche den überforderten Behörden auch mit der bestehende Hotline unter die Arme greifen, denn entsprechende Kanäle bei den nationalen Regulierern beziehungsweise Datenschützern fehlen noch. (Monika Ermert) / (tol)