Wikipedia weist Berichte über Autorenschwund zurück

In einer ausführlichen Stellungnahme widerspricht die Wikimedia Foundation den Ergebnissen einer Studie, die der Online-Enzyklopädie Wikipedia einen anhaltenden Autorenschwund bescheinigt hatte.

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Von
  • Torsten Kleinz

Die Wikimedia Foundation widerspricht Berichten über einen anhaltenden Autorenschwund bei der freien Internet-Enzyklopädie Wikipedia. In einem Blogbeitrag schreiben Vize-Geschäftsführer der US-Stiftung Erik-Möller und Statistiker Erik Zachte, dass die Mitarbeiterzahlen schon im Jahr 2007 ihren Höhepunkt erreicht hätten und seitdem relativ stabil sind.

Die Stiftung zweifele dabei nicht das Zahlenmaterial des Forscher Felipe Ortega an, dessen Ergebnisse zu zahlreichen Berichten über den Niedergang der freien Online-Enzyklopädie geführt hatte. Die Methodik des Spaniers wird aber angezweifelt: So zählt Ortega jeden Autoren, der jemals eine Änderung vorgenommen hat, während Wikimedia die Editoren erst ab mindestens fünf Beiträgen in die eigenen Statistik aufnehme. Ortega spricht in seiner Analyse von drei Millionen freiwilligen Autoren in den zehn größten Wikipedia-Ausgaben, während Wikimedia seit Gründung in allen Wikipedia-Ausgaben etwas weniger als eine Million Autoren zählt. In der englischen Wikipedia seien jeden Monat um die 40.000 Autoren aktiv, der Höhepunkt wurde bereits im März 2007 mit insgesamt 54.510 Autoren erreicht.

Wikimedia verweist auf die Arbeiten der Augmented Social Cognition Research Group des Palo Alto Research Centers, die ebenfalls die Nutzerzahlen der Wikipedia untersucht und dabei ein stetig sinkendes Wachstum in allen Nutzerklassen festgestellt hat – was angesichts der Wachstumsentwicklung des Projekts aber nicht überraschend sei. Gleichwohl sehen die Forscher Indizien für eine Barriere, die Nutzer davon abhält, mehr als 100 Beiträge pro Monat zu verfassen. Ob die Gründe dafür aber im Arbeitsklima der Wikipedia zu finden sind, ist jedoch völlig offen.

"Wir wissen nicht, wie viele Freiwillige für die Wikipedia ideal wären, aber wir würden ihre Zahl gerne signifikant steigern", heißt es in dem Blog-Beitrag. Zu den Bemühungen der Stiftung gehört eine Usability-Initiative, die die Oberfläche in Wikipedia vereinfachen soll. Mit neuem Schulungsmaterial und Kursen sollen neue Autorenkreise für die Online-Enzyklopädie gewonnen werden. Auch die Langzeitstrategie der Stiftung wird derzeit mit Beteiligung der Community diskutiert.

Wikimedia-Gründer Jimmy Wales verweist in mehreren Interviews darauf, dass das Wachstum der Artikelanzahl nicht die erste Priorität der Wikipedia ist. Gegenüber dem britischen Telegraph erklärte er: "Es gibt diesen Mythos, dass Wikipedia früher eine wilde Anarchie gewesen sei, aber das ist einfach nicht wahr". In einem Interview mit dem Online-Magazin Readers Edition dementierte Wales nachdrücklich, dass der Enthusiasmus der Wikipedianer nachgelassen habe und bezeichnet "alarmistische Berichte" als falsch. Den Vorwurf zu großer Bürokratie weist er zurück: "Wikipedia soll nicht wie Twitter werden, und Wikipedia soll auch nicht wie Facebook werden. Wikipedia sollte Wikipedia bleiben." (vbr)