Microsoft legt weiter zu

Wieder einmal übertrifft Microsoft sogar die eigenen zurückhaltenden Prognosen; während die IT-Ausgaben der Firmen sich nur langsam erholten, konnte der Konzern bei Consumer-Produkten besser als erwartet abschneiden.

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Von
  • Jürgen Kuri

Wieder einmal übertrifft Microsoft sogar die eigenen Prognosen: 2,6 Milliarden US-Dollar Gewinn oder 24 US-Cent pro Aktie verbuchte der Redmonder Softwarekonzern im ersten Quartal des Geschäftsjahrs 2004. Auch der Umsatz im ersten Quartal 2004 lag mit 8,22 Milliarden US-Dollar über den Erwartungen; es gab ein Wachstum von 6 Prozent gegenüber dem Umsatz von 7,75 Milliarden US-Dollar im gleichen Vorjahresquartal. Im ersten Quartal 2004 sollte nach Microsofts Voraussagen bei einem Umsatz von 7,9 bis 8,1 Milliarden US-Dollar ein Gewinn von 0,23 US-Dollar pro Aktie anfallen -- wobei man 0,06 US-Dollar Belastung für das Aktienprogramm berücksichtigte, denn bei Vorstellung der Bilanzen für das vierte Quartal 2003 musste Microsoft eine leichte Korrektur der Gewinnprognosen für 2004 vornehmen wegen Änderungen im Aktienprogramm für die Mitarbeiter, die auch zu einer stärkeren Belastung der Bilanzen führen. Dadurch sind die Zahlen für das erste Quartal auch etwas niedriger als sie unter der Ägide des alten Aktienoptionsprogramms wären, ohne dass dies bedeutete, man müsse um die Geschäfte Microsofts fürchten.

Mit den nun gemeldeten 2,61 Milliarden US-Dollar beziehungsweise 24 US-Cent Gewinn liegt Microsoft aber nicht nur über den eigenen Prognosen, sondern auch über dem Gewinn des gleichen Vorjahresquartals, wären die Bilanzen damals bereits unter Berücksichtigung des neuen Aktienprogramms berechnet worden. Dann wären im ersten Quartal 2003 2 Milliarden US-Dollar Gewinn angefallen; mit dem alten Aktienoptionsprogramm waren es 2,73 Milliarden US-Dollar.

Einen gewissen Stolz konnte Microsofts Finanzchef John Connors bei der Vorstellung der Zahlen nicht verhehlen: Während sich die IT-Ausgaben der Unternehmen nur langsam während des Quartals gebessert hätten, habe Microsoft mit seinen Consumer-Produkten, darunter den Client-Versionen von Windows, in allen Bereichen besser als erwartet abgeschnitten. Besonders die starke Nachfrage der Endkunden nach PCs zu Schuljahresbeginn habe die Umsätze der Client-Abteilung getragen, sie lagen im Quartal allerdings im Jahresvergleich fast unverändert bei 2,8 Milliarden US-Dollar. Die Server-Sparte wuchs um 15 Prozent auf 1,87 Milliarden US-Dollar; laut Microsoft wurden von Windows Server 2003 doppelt so viel Lizenzen verkauft wie von Windows 2000 Server im gleichen Zeitraum nach der Freigabe des Produkts.

Microsofts Internet-Dienst MSN konnte bei den Werbeumsätzen um 50 Prozent zulegen; die Gesamtumsätze von MSN lagen bei 491 Milionen US-Dollar, wobei die Einnahmen aus MSN-Abogebühren wegen rückläufiger Nutzerzahlen um 6 Prozent sanken. Die Home and Entertainment Division, zu der auch die Xbox gehört, legte bei den Umsätzen um 20 Prozent auf 581 Millionen US-Dollar zu; bei der Xbox alleine wuchs der Umsatz um 53 Millionen US-Dollar, wobei ein eigentliches Wachstum von 85 Millionen US-Dollar auf Grund höherer Stückzahlen bei Konsolen, Peripherie und Spielen durch ein Minus von 32 Millionen US-Dollar auf Grund Preissenkungen teilweise aufgehoben wurde. Auch die Sparte Mobile and Embedded Devices, zu der etwa die Handy- und PDA-Software gehört, legte zu, wenn auch auf niedrigem Niveau: Der Umsatz kletterte von 28 auf 53 Millionen US-Dollar.

Die Sparte Information Worker, zu der auch die Office-Software gehört, erreichte kaum eine Steigerung des Umsatzes im Jahresvergleich: Er stieg von 2,27 auf 2,29 Milliarden US-Dollar. Die weitere positive Entwicklung der Abteilung für Anwendungssoftware hofft Microsoft natürlich mit Office 2003 zu stärken: "Noch nie haben wir an einem Tag so viele Programme vorgestellt", meinte Microsofts Chief Software Architect Bill Gates bei der Präsentation des neuen Office Systems. Aber auch in diesem Bereich, in dem der Konzern mit seinem Office lange Zeit praktisch eine komplette Sparte der Softwareindustrie beherrschte, sehen sich die Microsoft-Manager einer harten Konkurrenz ausgesetzt. Dabei gehen die ersten Gedanken von Gates' Mannen gar nicht einmal an Open-Source-Anwendungen wie OpenOffice oder an Suns StarOffice. "Die größte Herausforderung für uns ist die Zufriedenheit der Leute mit einer älteren Versionen von Microsoft Office", sagte Jeff Raikes, als Vice President für die Produktivitäts- und Businesssoftware des Konzerns zuständig.

Der Druck auf diejenigen unter Microsofts Abteilungen, die bislang für rote Zahlen innerhalb der Microsoft-Bilanzrechnung sorgen, wächst allerdings, denn der Konzern möchte doch irgendwann einmal beweisen, dass man auch in diesen Bereichen Geld verdienen kann. Die schwache Konjunktur sowie die Alternativen aus der Open-Source-Szene haben zu einem Preisverfall bei Softwareprodukten beigetragen, die bislang Verlustbringer wie MSN, die Xbox oder die Handy-Software subventionierten. Nach außen hin gibt sich Microsoft aber noch gelassen. "Das sind strategische Investitionen, die sich auszahlen werden", meinte Raikes am Rande der Vorstellung von Office 2003. Seine Abteilung hat neben der Windows-Sparte bislang ein Großteil der neuen Microsoft-Projekte quersubventioniert.

Die Finanzierung der Sparten, die Verluste produzieren, illustriert aber ein anderes Problem, das Microsoft hat und auf das manch andere Firma neidisch sein dürfte: ein nach Ansicht vieler Beobachter viel zu großer Batzen Bargeld. In den Bilanzen findet sich ein auf mittlerweile 51,6 Milliarden US-Dollar angewachsener Berg an liquiden Mitteln; im Vorquartal waren es noch 49 Milliarden US-Dollar. Die gesamten Vermögenswerte von Microsoft, zu denen neben den liquiden Mitteln unter anderem auch langfristige Investments, Außenstände oder beispielsweise Immobilien gehören, liegen laut der Bilanz mittlerweile bei 84,2 Milliarden US-Dollar. Lange schon drängeln Aktionäre ebenso wie Analysten darauf, den Berg an liquiden Mitteln durch Auszahlung einer angemessenen Dividende zumindest etwas abzutragen -- die Verdoppelung der schon im zweiten Quartal angekündigten Dividende erscheint angesichts der Bilanzen und der hohen Reserven vielen Beobachtern eher wie eine Alibi-Veranstaltung, um den Unmut nicht zu groß werden zu lassen.

Nach den Erfahrungen aber, was beispielsweise die Einigung mit AOL kostete, begründet Microsoft seine Zurückhaltung bei einer weiteren Erhöhung der Dividende immer wieder mit den noch ausstehenden Rechtsstreitigkeiten, darunter die Kartellrechts-Untersuchung durch die EU, der Rechtsstreit mit Sun und die immer noch nicht beendete Anti-Trust-Klage in den USA, die der Bundesstaat Massachusetts weiterführt.

Für das Jahr 2004 prognostizierte Microsoft bei Vorstellungen der Bilanzen für das vierte Quartal bei einem Umsatz von 34,2 bis 34,9 Milliarden US-Dollar einen Gewinn von 0,85 bis 0,87 US-Dollar pro Aktie, wobei schon Belastungen von 0,24 US-Dollar für die Aktienprogramme eingerechnet sind. Diese Prognose hob Microsoft nun an, da der Konzern weiter anziehende Nachfrage nach PCs und im Consumer-Bereich erwartet: Der Umsatz soll nun zwischen 34,8 und 35,4 Milliarden US-Dollar und die Gewinne bei 86 bis 88 US-Cents (worin wieder eine Belastung von 24 US-Cents für das Mitarbeiter-Aktienprogramm enthalten ist). Für das laufende zweite Quartal erwartet der Konzern einen Umsatz von 9,7 bis 9,8 Milliarden US-Dollar und einen Gewinn von 23 bis 24 US-Cent.

Die Börse allerdings reagierte etwas ungehalten auf die Bilanzen Microsofts: Im nachbörslichen Handel in den USA fiel der Kurs der Microsoft-Aktie: Die wirtschaftliche Situation sei im Vergleich zum vergangene Jahr zwar besser, aber viele Anleger hatten wohl noch auf mehr Optimismus bei Microsoft auf eine gesamtwirtschalftliche Erholung gehofft, hieß es bei Analysten.

Umsatz- und Gewinnentwicklung bei Microsoft in US-Dollar
(Das Geschäftsjahr beginnt jeweils im Juli)

Quartal Umsatz Nettogewinn
3/00 5.660 Mio. 2.390 Mio.
4/00 5.800 Mio. 2.410 Mio.
1/01 5.800 Mio. 2.200 Mio.
2/01 6.590 Mio. 2.620 Mio.
3/01 6.460 Mio. 2.450 Mio.
4/01 6.580 Mio. 66 Mio.
1/02 6.130 Mio. 1.280 Mio.
2/02 7.740 Mio. 2.280 Mio.
3/02 7.250 Mio. 2.740 Mio.
4/02 7.250 Mio. 1.530 Mio.
1/03 7.750 Mio. 2.730 Mio.
2/03 8.540 Mio. 2.550 Mio.
3/03 7.840 Mio. 2.790 Mio.
4/03 8.070 Mio. 1.920 Mio.*
1/04 8.220 Mio. 2.610 Mio.*
* Gewinne unter Bilanzierung des neuen Aktienprogramms für Microsoft-Mitarbeiter