Neuer Citrix-Geschäftsführer Lübben: Das Glück des Tüchtigen

Dass der neue Deutschland-Chef von Citrix Jens Lübben heißt, ist Zufall. Wenigstens zum Teil.

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Von
  • Damian Sicking

Lieber neuer Citrix-Geschäftsführer Jens Lübben,

herzlichen Glückwunsch zur Beförderung. Nachdem Sie die Position des Citrix-Geschäftsführers nach dem Ausstieg von Karl-Heinz Warum Anfang Oktober zunächst kommissarisch übernommen hatten, sind Ihnen Amt und Würde nun offiziell übertragen worden. Nun gibt es Menschen, die sagen, bei Ihrer Beförderung zum Geschäftsführer und "Area Vice President Central Europe" habe der Zufall seine Hand im Spiel gehabt. Jetzt seien Sie mal nicht gleich beleidigt, lieber Herr Lübben. Ist doch gar nicht persönlich gemeint. Es ist mehr so eine allgemeine Aussage über Menschen, die an der Spitze von Unternehmen stehen.

Neuer Citrix-Geschäftsführer Jens Lübben

(Bild: Citrix)

Lassen Sie mich das erläutern. Der ehemalige Chef der US-Kaufhauskette Sears, Julius Rosenthal, hat einmal gesagt, dass er seinen Job zum Teil dem puren Zufall zu verdanken hat. O-Ton Rosenthal: "Ich weiß genau, dass sich unter meinen Angestellten unzählige qualifizierte Kräfte befinden, die meine Firma genauso gut leiten könnten wie ich. Aber sie hatten nicht die entscheidende Chance. Das ist der einzige Unterschied zwischen ihnen und mir." Ich bin sicher, dass Rosenthal mit diesem Satz vielen seiner Manager und Mitarbeiter aus der Seele gesprochen hat. Es ist ohnehin eine Binsenweisheit, dass in vielen Betrieben die Mitarbeiter in den unteren Etagen den Job des Chefs viel besser erledigen können als ihr oberster Boss. Zumindest glauben sie das selbst. Das ist so ähnlich wie beim Fußball, wo jeder, der einen Fußball von einem Tischtennisball unterscheiden kann, sich für den wahren und einzigen Bundestrainer hält. Reiner Zufall, dass er nicht die Nationalmannschaft trainiert.

Lieber Herr Lübben, dass Sie jetzt die Deutschland-Geschäfte von Citrix führen, haben Sie natürlich zum Teil Ihren Fähigkeiten zu verdanken. Aber eben nur zum Teil. Zum anderen Teil haben Sie es dem Zufall zu verdanken. Wenn zum Beispiel Ihr Vorgesetzer nicht Scott Herren wäre, sondern irgendein anderer Manager, hätte dieser andere Manager Sie vielleicht nicht für geeignet gehalten und jemand anders säße jetzt auf Ihrem Stuhl. Dass Scott Herren Ihr Chef ist, ist nichts anderes als Zufall. Zufall ist auch, dass gerade kein anderer Top-Manager frei war, dessen Nase Scott Herren eventuell besser gepasst hätte als Ihre. Ich finde es wichtig, dass sich jeder Manager dessen bewusst ist und sich immer daran erinnert, dass er seine Position nicht nur seiner eigenen Großartigkeit zu verdanken hat, sondern zum Teil eben auch dem Glück, also dem Zufall in seiner wünschenswerten Form. Das ist der beste Schutz gegen Arroganz und Überheblichkeit.

Dennoch ist eins klar: Wenn Sie, lieber Herr Lübben, nicht wirklich gut wären in dem, was Sie tun, hätte der Zufall bei Ihnen keine Chance gehabt. Mit anderen Worten: Ihr Name hätte nicht einmal auf dem Zettel der Kandidaten für die Neubesetzung des Posten des Deutschland-Geschäftsführers gestanden. Wir reden hier vom "Glück des Tüchtigen". In seinem großartigen Buch "Wenn Gott würfelt. Wie der Zufall unser Leben bestimmt", das ich vor einigen Monaten hier vorgestellt hatte, zeigt der amerikanische Physiker Leonard Mlodinow zwar die Macht des Zufalls auf, stellt aber ebenfalls klar, dass Zufall keine Ausrede für Faulheit und Erfolglosigkeit sein kann. Ich denke hier vor allem an sein Beispiel mit dem Werfen einer Münze. Zwar ist es Zufall, ob die Münze nach dem Hochwerfen auf Kopf oder Zahl landet und in dieser Hinsicht haben wir keine Einflussmöglichkeit. Was aber kein Zufall ist und was sogar in unserer Macht steht, ist, wie oft wir die Münze nach oben werfen. Wenn die Belohnung für jede Landung der Münze auf der Kopfseite fünf Euro sind, dann steigt mit der Anzahl unserer Versuche die Wahrscheinlichkeit, Geld zu bekommen. Das ist im Vertrieb zum Beispiel nicht anders. Mit der Anzahl der Kundenbesuche oder -Telefonate steigt die Wahrscheinlichkeit, einen Auftrag zu bekommen - das Glück des Tüchtigen.

Übrigens teile ich die oben zitierte Meinung des ehemaligen Sears-Chefs Rosenthal nicht oder nur mit Einschränkungen. Denn er sagt nichts anderes, als dass jedermann ersetzbar ist. Nun ist zweifelsohne jedermann ersetzbar, irgendwie, oder zumindest fast jedermann. Das aber ist eine triviale Aussage. Die Frage ist jedoch, ob jedermann gleich gut ersetzbar ist. Ist, um ein Beispiel zu nehmen, Apple-Chef Steve Jobs ersetzbar? Natürlich ist er das. Aber ist es wahrscheinlich, dass derjenige, der Jobs Ausgabe übernimmt, diese genauso gut und erfolgreich erledigen wird wie Jobs selbst? Wenn Sie mich fragen, lieber Herr Lübben, wäre das wirklich ein Riesen-Zufall.

Beste Grüße!

Damian Sicking

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