Kasparow vs. Fritz: Erste Partie nach hartem Kampf remis

Die von Veranstalter und der International Computer Games Association so genannten "erste offizielle Mensch-Maschine-Weltmeisterschaft in der virtuellen Realität" beginnt spannend.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die erste Partie zwischen Garri Kasparow und dem Schachprogramm X3D-Fritz endete nach spannendem Kampf unentschieden. Der mit den weißen Steinen spielende Ex-Weltmeister wählte eine riskante Eröffnung, die an seinen Auftaktsieg gegen DeepJunior vor einigen Monaten erinnerte.

Im siebten Zug bot er ein Bauernopfer an, das Fritz zunächst ausschlug. Fünf Züge später konnte das Programm aber der Versuchung nicht mehr widerstehen und fraß einen ungedeckten Bauern. Kasparow erhielt dafür sehr starken Angriff; die meisten der live kommentierenden Großmeister glaubten an eine schnelle Hinrichtung des vorwitzigen Computers, aber vier Xeons dürfen, was sonst keiner darf -- Fritz ersann ein schlaues Opfer und gab, wie weiland DeepJunior, einen Turm her und bekam nur einen Läufer dafür. Im Unterschied zu seinem glücklosen Computer-Kollegen schaffte es Fritz damit aber, Kasparows Attacke die Spitze zu nehmen und sogar selbst kleine Gegenchancen zu erhalten.

Der Großmeister musste sich aufs Lavieren verlegen, um seinen kleinen materiellen Vorteil in einen Endspielsieg umzumünzen. Dabei verbrauchte er viel Bedenkzeit und wurde von einem erneuten Bauernraub des Programmes im 31. Zug überrascht. Und der ehemalige Weltmeister, für seine Kampfkraft berühmt, entschied sich im 32. und 33. Zug für eine Variante, die dem Rechner ein ewiges Schach erlaubte -- oder er übersah bei knapper Zeit die Remis-Schaukel durch fortgesetzte Schachgebote. Im 37. Zug endete damit eine interessante erste Partie unentschieden, für den Ex-Weltmeister sicher eine kleine Enttäuschung.

Kasparow beginnt dieses Match, wie das vorige gegen DeepJunior, ohne Angst vor dem Computer und versucht, mit mutigem und aggressiven Spiel schon in der Eröffnung den Rechner unter Druck zu setzen. Es wird sich zeigen, ob er sich von der starken Verteidigung des Rechners beeindrucken lässt -- im Kampf gegen DeepJunior verließ ihn der Mut nach der verlorenen dritten Partie und er begnügte sich in den restlichen Partien mit Sicherheitsspiel.

Der US-Sportsender ESPN2 überträgt sämtliche Partien des Matches live. Es ist das erste Mal, dass mehrstündige Schachpartien komplett im Fernsehen übertragen werden, mit sachkundigen Kommentaren der Großmeister Ashley und Seirawan. Immerhin handelt es sich aber um die vom Veranstalter und der International Computer Games Association (ICGA) so genannte "erste offizielle Mensch-Maschine-Weltmeisterschaft in der virtuellen Realität". Vielleicht hätte man dann auch Weltmeister spielen lassen sollen; Kasparow ist zwar seit Jahren der Führende der Weltrangliste, den Weltmeistertitel verlor er vor drei Jahren an Wladimir Kramnik. Fritz war erst einmal Champion aller Computer, was aber schon acht Jahre zurückliegt. Auch in der Weltrangliste der Computerprogramme findet sich Fritz nur auf dem vierten Platz.

In der nächsten Partie am 13.11., ebenfalls um 19 Uhr MEZ, führt Kasparow die schwarzen Steine. Liveübertragungen gibt es beim Veranstalter und bei Chessbase. (jk)