Europa soll bei Einführung von IPv6 aufholen

Die von der EU-Kommission unterstützte IPv6 Task Force warnt in dem Bericht davor, dass Europa hinter den spät gestarteten USA bei der Einführung der nächsten Generation v6 des Internet-Protokolls zurückbleiben könnte.

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Von
  • Monika Ermert

Ein neues Expertenpanel, ein virtuelles "Center of Excellence", ein schöneres Portal für die IPv6 Task Force und ein Preis für IPv6-Innovation -- das sind die Kernvorschläge der Europäischen IPv6 Task Force in ihrem jüngsten Statusbericht. Die von der EU-Kommission unterstützte Task Force warnt in dem Bericht davor, dass Europa hinter den spät gestarteten USA bei der Einführung der mit größerem Adressraum und mehr Sicherheit gesegneten nächsten Generation v6 des Internet-Protokolls zurückbleiben könnte. Die aufgezählten Pläne sollen die nunmehr vor allem in nicht-technischen Ursachen begründeten Barrieren aufbrechen helfen.

"Es ist jetzt klar, dass Nord-Amerika nach der Ankündigung der IPv6-Einführung durch das US-Verteidigungsministerium eine führende Rolle spielen wird", schreiben IPv6-Forum-Chef Latif Ladid, Euro6IX-Projektleiter Jordi Palet Martinez, CEO der spanischen Consulintel, und Tim Chown von der University of Southampton. Europa dürfe gerade jetzt den abfahrenden Zug für IPv6-fähige Produkte und Services nicht verpassen, vor allem, weil das "alte" Europa bei der Erforschung des neuen Protokolls eine Vorreiterrolle hat. "Europa sollte die Gelegenheit ergreifen und den Profit der großen Investitionen in Forschung und Entwicklung jetzt einfahren, um sich eine führende Rolle im Bereich der IPv6-Technologie zu sichern und ausbauen zu können," fordern die Autoren.

In der zweiten Runde der von der Kommission im April 2001 ins Leben gerufenen Task Force hat man zwar die Gründung von ingesamt 11 nationalen Ablegern vorgesehen, darunter der deutschen Abteilung, doch mit der kommerziellen Einführung ist die Task Force gar nicht zufrieden. Nur wenige Internet-Provider beispielsweise bieten IPv6-Verbindungen standardmäßig an, darunter meist eher mittelständische Unternehmen. Öffentliche Investitionsanreize wie in Japan, etwa Steuererleichterungen für Provider, die IPv6 einführen, sind hierzulande derzeit kaum durchzusetzen. "Einige öffentliche Einrichtungen fordern bereits IPv6 in ihren Ausschreibungen", sagt Jordi Palet. Eine generelle Maßgabe in den EU-Mitgliedsstaaten gebe es aber nicht.

Als hemmend empfinden die IPv6-Vertreter auch die Politik der regionalen IP-Registrierstellen (RIR) wie dem europäischen RIPE. "Die RIRs sind viel zu konservativ und sind ein Teil des Problems", sagt Jordi Palet. Mit Blick auf den alten Streit, wann die IPv4-Adressen zur Neige gehen, und bei dem die regioanle IP-Registries vor Panikmache warnen, sagt Palet: "Wir akzeptieren, dass die Deadline für IPv4 nicht schon 2005 ist. Aber wir sollten nicht einschlafen und denken, dass vor 2025 nichts passieren wird." Im Gegenteil würde eine Hinauszögerung der Umstellung diese am Ende nur schwieriger und teurer machen. "Die RIRs denken einfach nicht an die Milliarden von Leuten, die zusätzlich ins Netz kommen, an neue Services und neue Anwendungen. Sie wollen alles hinter Network Address Translation behalten; und das ist einfach nicht länger möglich und auch nicht akzeptabel." Noch geharnischter kommentiert Ladid das Vorgehen der RIRs: "Buchhalter -- und das sind die RIRs -- sind noch nie die Quelle für Innovationen. Ihre lineare und statische Betrachtungsweise der Welt verhindert Beschleunigung und die Übernahme neuer Technologien."

Für Grundlagen, Spezifikationen und weitere Berichte zu IPv6 siehe:

(Monika Ermert) / (jk)