Brüssel meldet Vollzug bei Umsetzung der WIPO-Urheberrechtsverträge

Die EU-Kommission freut sich darüber, dass inzwischen alle Mitgliedsstaaten die lange umkämpften "Internet-Verträge" der Weltorganisation für geistiges Eigentum umgesetzt haben. Auf WIPO-Ebene gibt es derweil neuen Streit.

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Die EU-Kommission freut sich darüber, dass inzwischen alle Mitgliedsstaaten die lange umkämpften "Internet-Verträge" der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) in nationales Recht umgesetzt haben. EU-Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy sprach von einem "bedeutenden Tag". Die EU, ihre Nationalstaaten und die WIPO hätten gemeinsam ihren "Glauben in das internationale System zum Schutz des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte unter Beweis gestellt", meinte der Ire. Der Urheberrechtsvertrag und das Abkommen über Darbietungen und Tonträger der Genfer Sonderorganisation der Vereinten Nationen hätten "die Schutzbestimmungen an den Fortschritt der modernen Technik angepasst". Dies sei angesichts der rasanten technologischen Entwicklung "wichtiger als je zuvor".

Die beiden Verträge stammen bereits von 1996. Ihr Ziel war es, die Rechte der Urheber, ausübende Künstler und Hersteller von Tonträgern im digitalen Zeitalter zu stärken. Sie enthalten zahlreiche Regeln zu Vertrieb, Verleih, öffentlichen Wiedergaberechten und zur Online-Verbreitung geschützter Inhalte, wobei die Nutzerrechte vielfach wenig Beachtung fanden. So macht die Urheberrechtsvereinbarung etwa Vorschriften für die zusätzliche rechtliche Absicherung von Systemen zum digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM). Diese fanden Eingang etwa in den Digital Millennium Copyright Act (DMCA) der USA von 1998 oder die 2001 beschlossene Copyright-Richtlinie der EU. Die Adaption ins deutsche Urheberrechtsgesetz erfolgte 2003 mit dem sogenannten Ersten Korb der Urheberrechtsreform. Die EU und ihre Mitgliedstaaten hatten im Jahr 2000 formal beschlossen, die beiden WIPO-Verträge gemeinsam zu ratifizieren.

Aktuell geht es bei der Weltorganisation auf der Sitzung des ständigen Copyright-Ausschusses in dieser Woche nicht nur um Ausweitungen des Schutzes audiovisueller Aufführungen und von Rundfunksendern. Darüber hinaus beschäftigt sich das Gremium mit der Tragweite der Ausnahmebestimmungen von den Exklusivrechten der Urheber oder Verwerter für den Bildungsbereich sowie Privilegien für Menschen mit körperlichen Einschränkungen wie Blinden. Damit steht ein Vertrag auf der Tagesordnung, der die Rechte spezieller Nutzergruppen verbessern würde. Dementsprechend groß ist der Protest der Rechteinhaber und ihrer Verbände. Die Befürchtungen etwa der Motion Picture Association of America (MPAA) und der Recording Industry of America (RIAA) reichen bis zu der Behauptung, dass mit einer entsprechenden Vereinbarung die "Struktur des Copyright" unterwandert würde.

In einem Bericht (PDF-Datei) zum Tagesordnungspunkt der Einschränkung des Urheberrechts zugunsten von Bildungseinrichtungen und Bibliotheken kommt der Rechtsprofessor Raquael Xalabarder zu dem Schluss, dass die Rahmenbestimmungen auf internationaler Ebene in diesem Bereich zwar ausreichend flexibel und technologieneutral ausgerichtet seien. Dies sei im öffentlichen Interesse. Andererseits würden die vorhandenen Möglichkeiten in den USA und Europa aber nicht ausreichend in nationales Recht übernommen, schreibt der spanische Gutachter. Daher gebe es berechtigte Bedenken, dass Autoren letztlich kontrollierten könnten, was gelehrt wird, und die akademische Freiheit in Gefahr gerate. Der Bildungssektor verdiene "effektivere" Nutzungsrechte, als bislang im nationalen Recht vorgesehen, lautet Xalabarders Appell. Dies müsse auf internationaler Ebene angestoßen werden. Sonst könnten die einzigartigen Chancen des Internets für die Lehre nicht ausgeschöpft werden. (pmz)