Websperren: Kinderporno-Täter bevorzugen USA und Deutschland als Serverstandorte

Die Täter bei Kinderpornographie bevorzugen Staaten "mit intensiv ausgebauter Internet-Infrastruktur", teilte das BKA der SPD-Fraktion auf Anfrage mit - bereits im Juni.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Die SPD-Bundestagsfraktion spricht sich für die Aufhebung des Sperrgesetzes für Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten aus. Sie begründet dies, wie bereits berichtet, unter anderem damit, dass die Täter Staaten mit ausgebauter Internetinfrastruktur wie die USA oder die europäischen Länder bevorzugten.

In einem Schreiben, das heise online vorliegt, hatte das Bundeskriminalamt die SPD-Abgeordnete Edelgard Bulmahn, die damals Vorsitzende des Wirtschafts- und Technologieausschusses war, darüber informiert, dass Täter Staaten "mit intensiv ausgebauter Internet-Infrastruktur" bevorzugten. Trotz der in diesen Staaten bestehenden Strafbarkeit und der dort herrschenden hohen Kontrolldichte nutzten die Täter diese Infrastruktur. Um jedoch das Strafverfolgungsrisiko zu vermindern, wechselten sie häufig die Speicherorte.

Das BKA führt zwar keine eigenen statistische Erhebungen zu den Standorten solcher Server durch, konnte aber auf eine Auswertung von dänischen Strafverfolgern zurückgreifen. Diese hatten im Zeitraum von Oktober 2008 bis Januar 2009 die von den dänischen Access-Blocking-Maßnahmen betroffenen Domains den jeweiligen Host-Ländern zugeordnet. An erster Stelle benennt die dänische Polizei mit 1148 Servern die USA, bereits an zweiter Stelle listete sie Deutschland mit 199 Servern. An dritter Stelle folgten die Niederlande mit 79 Servern, an vierter Stelle Kanada mit 57 Servern sowie Russland an fünfter Stelle mit 27 Servern. Die weiteren Plätze belegten Japan, Korea, Tschechien und Großbritannien.

Das BKA weist darauf hin, dass die Strafbarkeit von Kinderpornografie in Dänemark weiter gefasst ist als in Deutschland. In Dänemark liegt unter anderem das Schutzalter nicht wie hier bei 14 Jahre, sondern bei 18 Jahren. Das BKA glaubt daher, dass "ein erheblicher Teil " der Webinhalte, die auf den dänischen Sperrlisten aufgeführt werden, nicht die Tatbestandsmerkmale des § 184b StGb erfüllen würden. Die Zahlen hätten insofern keine direkte Aussagekraft, um die Situation aus deutscher Sicht zu bewerten. Gleichwohl lieferten die Daten einen Indikator zu den Serverstandorten; Ursula von der Leyen, die als Initiatorin des Websperren-Gesetzes auftrat, hatte dagegen immer wieder davon gesprochen, dass die Server in Ländern zu finden seien, in denen es gar keine Gesetzgebung gegen Kinderpornos gebe – und damit sogar diplomatische Verstimmungen mit Indien ausgelöst.

Die Hintergrundinformationen des BKA lagen der SPD-Bundestagsfraktion bereits am 9. Juni vor – am 18. Juni wurde das Gesetz verabschiedet. In der Debatte spielten die bis heute zurückgehaltenen Informationen erst jetzt eine Rolle, da die SPD die Aufhebung des Gesetzes fordert. Inzwischen liegen auch die Antworten der Bundesregierung auf die Anfragen aus der SPD-Bundestagsfraktion vor. Demnach seien die Überlegungen der Bundesregierung, wie kinderpornografische Inhalte für ein Jahr nun nicht gesperrt, sondern laut Koalitionsvertrag direkt gelöscht werden sollen, "noch nicht abgeschlossen". Auch hatte die Fraktion danach gefragt, ob dem Bundespräsidenten Horst Köhler, der bislang die Unterschrift verweigert, inzwischen ergänzende Informationen vorliegen. Die Bundesregierung wollte dazu "aus Respekt vor dem Amt des Bundespräsidenten" dem Bundestag keine Antwort geben. (jk)