Neues Computersystem der Polizei Niedersachsen fällt oft aus

Die Polizei Niedersachsens feierte bereits, dass mit den fast 12.000 Arbeitsplatzrechnern die größte Linux-Realisierung Deutschlands entstehe. Das System scheint aber einige Kinderkrankheiten zu haben.

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Von
  • Jürgen Kuri

Das auf Linux und Java basierende neue Computersystem der niedersächsischen Polizei hat erhebliche Kinderkrankheiten. Oft dauere es mehrere Minuten, bis eine Verbindung zu Stande komme, klagten am Dienstag Beamte mehrerer südniedersächsischer Polizeiinspektionen. Manchmal falle das System auch stundenlang komplett aus. Vielfach ließen sich deshalb selbst einfachste Vorgänge nicht bearbeiten. Das Innenministerium bestätigte, dass es Anlaufschwierigkeiten mit dem System gibt.

"Es ist eine Katastrophe", sagte ein Beamter in Northeim gegenüber dpa. "Die Leitung bricht ständig zusammen". Für einen gewöhnlichen Unfallbericht habe er vier Stunden benötigt. Außerdem sei das Programm nicht gerade benutzerfreundlich. "Die Arbeit wird durch die Computermacken ständig lahm gelegt", bemängelt auch ein Polzeisprecher in Einbeck. "Das Hauptübel ist die extreme Langsamkeit", klagt ein Polizist aus Holzminden. Wenn ein Bürger aufs Revier komme und eine Anzeige aufgeben wolle, sei es manchmal richtig peinlich. "Man ist mitten in der Vernehmung. Dann streikt die Anlage. Und dann muss man zu dem Bürger sagen: Kommen Sie morgen wieder". Die Polizei in Goslar hat diese Situation schon anders herum erlebt. Als die Computeranlage bei einer Vernehmung streikte, sei ein Zeuge aufgestanden und gegangen, sagte ein Beamter. Kommentar des verärgerten Bürgers: Wenn die Polizei irgendwann einmal ihre Computer beherrsche, könne er ja wieder kommen.

"Es gibt Probleme mit der neuen Software", räumte der Sprecher des Innenministeriums in Hannover, Michael Knaps, ein. Die Anmeldung an den Zentralrechner funktioniere nicht wie gewünscht. Die Schwierigkeiten sollten aber noch am Dienstag behoben werden.

Innenminister Uwe Schünemann (CDU) hatte Mitte September den Startschuss zur Installation des neuen Computersystems NIVADIS (Niedersächsisches Vorgangbearbeitungs-, Analyse-, Dokumentations- und Informationssystem) gegeben. Es soll das seit rund einem Jahrzehnt verwendete und veraltete Programm MIKADO ersetzen. Die Polizei Niedersachsens feierte bereits, dass mit den fast 12.000 Arbeitsplatzrechnern die größte Linux-Realisierung Deutschlands entstehe. Den Roll-out der Linux-Systeme will man bis Mitte 2004 abgeschlossen haben. Die Kosten für die Einführung der Linux-PCs und der neuen Java-Software NIVADIS belaufen sich auf über 80 Millionen Euro.

"Bisher arbeiten acht Inspektionen mit NIVADIS", sagte Ministeriumssprecher Knaps gegenüber dpa. Bei den niedersächsischen Polizeibeamten, die mit dem neuen NIVADIS-System umgehen müssen, kursiert mittlerweile folgender Spruch: "Ni wa dis so schwer, mit einem Computer zu arbeiten". (jk)