Ist Haenschen@Müller.de paradox?

Beim jüngsten Treffen der Entwicklergemeinde in Minneapolis diskutierte man die Grundsatzfrage: Lokale Pluginlösungen oder eine grundsätzliche Reform im Format der Mailadressierungen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 851 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Die Einführung von Nicht-Ascii-Domains ist noch nicht ganz abgeschlossen, da fragt man sich bei der Internet Engineering Task Force ([www.ietf.org IETF]) schon, ob nicht die Nicht-Ascii-Emails nicht viel wichtiger sind. Beim jüngsten Treffen der Entwicklergemeinde in Minneapolis diskutierte man daher die Grundsatzfrage: Lokale Pluginlösungen oder eine grundsätzliche Reform im Format der Mailadressierungen.

Einfach bei den Mail User Agents (MUA) anzusetzen, schlägt Paul Hoffmann vom Internet Mail Consortium vor. Pluginlösungen, die den Transport der Mail durch Mailserver und auf dem Weg liegende Relays unverändert zuließen, wären vergleichsweise schnell zu haben und würden Ascii-Only-Nutzer nicht weiter stören. Allerdings räumt Hoffmann selbst ein, dass lokalisierte Adressbestandteile die Adressen länger als die für Header vorgesehenen klassischen 78 Zeichen machen könnten.

Vor einem solchen schnellen "Hack" warnte der ehemalige Chef des Internet Architecture Board, John Klensin. Die Idee, dass links und rechts des @-Zeichens mit unterschiedlichen Asci-kompatiblen Kodierungen (ACE) gearbeitet werden könnte, hält er für viel zu fehleranfällig. Unter anderem würden sich auch Probleme für typische Mailfunktionen wie Weiterleitungen ergeben, warnt Klensin. Sein Vorschlag lautet daher: echte Internationalisierung des DNS.

"Lösungen auf der Ebene von Mail Transfer Agents sind machbar, eleganter von der Architektur und vielleicht weniger schwierig als die Befürworter von Mail User Agents-Ansätzen meinen", schreibt Klensin. Statt unterschiedlicher Kodierungen innerhalb des Mailheaders für persönlichen Namen und Domains schlägt er einen Umstieg von Ascii auf Unicode auf der Basis von UTF 8 (RFC 2277) vor. Das würde eine Umrüstung aller Mail Transfer Agents (MTAs) hinauslaufen, eine Revolution, die vermutlich mehrere Jahre dauern würde.

Der Druck sich des Themas anzunehmen, kommt wie bei der Einführung internationaler Domains in erster Linie aus asiatischen Ländern. "Während wir in Deutschland mit der anstehenden Einführung internationaler Domains vielleicht 10 bis 20 Prozent zusätzliche Domains bekommen, geht man schon in Ländern wie Griechenland davon aus, dass sich die Zahl der Domains verdoppeln lässt," sagt DNS-Experte Hans Peter Dittler. In China gehe man davon aus, dass die aktuell steilen Wachstumszahlen nur dann fortgeschrieben werden können, wenn man komplett muttersprachliche DNS-Kommunikation anbieten kann. Die chinesische Länderregistry experimentiert seit längerer Zeit auch mit lokalisierten Top Level Domains.

Bis zur nächsten Treffen will die Entwicklergemeinde erst einmal weiterdiskutieren, welches der Ansatz der Wahl ist. Weil man sich in Korea trifft, plant man allerdings nun einen ganz praktischen Feldversuch zum Thema Internationalisierung: auf den Namensschildchen könnten zum ersten Mal neben den englischen Namen jeweils auch die eigentliche chinesische, arabische oder koreanische Schreibweise auftauchen. Nur ist man sich noch nicht ganz einig, ob daneben auch in Punycode geschriebene Ascii-Kodierung für Hänschen Müller auftauchen soll. (Monika Ermert)/ (tol)