Polen plant offenbar drastische Verschärfung der Internet-Kontrolle

Die polnische Regierung hat eine Gesetzesnovelle vorgelegt, nach der Dienste und Webseiten auf Grundlage von Blacklists auch ohne richterlichen Beschluss gesperrt und Internetdienstleister verpflichtet werden sollen, detaillierte Kundendaten vorzuhalten.

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Von
  • Jobst-H. Kehrhahn

Polen will seine Internet-Kontrolle offenbar drastisch verschärfen: Wie heise online Polen berichtet, arbeitet die Regierung des Landes bereits intensiv an einer entsprechenden Gesetzesänderung. Neu eingeführt werden sollen danach unter anderem ein Verzeichnis mit zu sperrenden Webseiten sowie die Verpflichtung für Internet-Dienstleister, detaillierte Nutzerdaten für Ermittlungsbehörden vorzuhalten.

Eingearbeitet werden soll die neue Internetgesetzgebung in ein Gesetz, das ursprünglich zur Bekämpfung von Spielsucht und illegalen Geldgeschäften eingeführt wurde und das derzeit neu gefasst wird.

Unklar ist allerdings, ob die vorgeschlagenen Änderungen tatsächlich eine Chance haben, das Gesetzgebungsverfahren zu passieren. Die Verhandlungen über die Gesetzesnovelle, die derzeit in mindestens zwei Fassungen diskutiert wird, seien am vergangenen Donnerstag nach einer Unterbrechung wieder aufgenommen worden, berichtet heise online Polen.

Besonders umstritten sei eine Variante, die es der Polizei und anderen Behörden erlauben soll, Webseiten mit nicht geduldeten Inhalten sofort und ohne gerichtliche Überprüfung sperren zu lassen – was auch der Vorsitzenden des Amtes für elektronische Kommunikation, Anna Strézynska, zu weit geht. Die oberste Dienstherrin der Behörde, die das Verzeichnis gesperrter Webseiten verwalten soll, kritisiert (PDF) laut heise online Polen, dass mit dieser Gesetzesfassung keine Möglichkeit mehr bestünde, die Rechtmäßigkeit einer Sperrung zu überprüfen.

Auch die Liste der Nutzerdaten, die künftig vorgehalten werden müssten, sorgt demnach für Streit. Würde die Novelle verabschiedet, müssten Internet-Dienstleister nicht nur Nach- und Vornamen ihrer Kunden speichern. Sie würden zudem dazu verpflichtet, andere Daten wie Melde- und E-Mail-Adressen ebenso abzufragen, wie eine behördliche Identifizierungsnummer oder – falls diese Nummer nicht erteilt wurde – die Reispassnummer, Ausweisnummer oder die Nummer eines anderen Identitätsdokuments des jeweiligen Nutzers. (keh)