Nacktscanner erneut in der Diskussion

Nach dem misslungenen Selbstmordattentat auf ein Flugzeug wird der verstärkte Einsatz von "Nacktscannern" wieder diskutiert, weil es dem Attentäter gelungen war, Plastiksprengstoff an Bord zu schmuggeln.

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Von
  • Detlef Borchers

Als Reaktion auf das misslungene Selbstmordattentat auf einen in Detroit landenden Airbus A330 sind die Sicherheitsmaßnahmen im Transatlantikverkehr verschärft worden. Ab sofort ist es verboten, sich Decken auf den Schoß zu legen. Gleichzeitig wird der verstärkte Einsatz von sogenannten "Nacktscannern" diskutiert, weil es dem Attentäter gelungen war, Plastiksprengstoff an Bord zu schmuggeln. Dieser wird von den üblichen Metalldetektoren nicht erkannt.

Den Hintergrund der neuen Diskussion bildet der Versuch eines Nigerianers, ein Flugzeug der Delta Airlines von Amsterdam nach Detroit unmittelbar vor der Landung mit einem am Bein befestigten Sprengsatz zum Absturz zu bringen. Zu diesem Zweck hatte der 23-jährige, aus einer wohlhabenden Familie stammende Umar Faruk Abdulmuttallab 80 Gramm "Plastiksprengstoff" (PETN) an Bord geschmuggelt und kurz vor der Landung auf der Toilette scharfgemacht. In eine Decke gehüllt wartete er auf den Landeanflug. Sein Plan war es offenbar, das Flugzeug in der Einflugschneise über Detroit zu sprengen.Der Plan misslang, weil der Zünder nur eine Verpuffung auslöste und der niederländische Passagier Jasper Scheuringa sofort reagierte und den Attentäter noch vor den Sicherheitskräften überwältigte.

Nach diesem Vorfall haben die Sicherheitsbehörden eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, die ähnliche Aktionen verhindern sollen. So ist es auf Transatlantikflügen ab sofort während des gesamten Fluges untersagt, Decken zu benutzen, ebenso darf der Sitzplatz eine Stunde vor der Landung nicht mehr verlassen werden. Außerdem wird nach einer Mitteilung des Bundesinnenministerium die zielgerichtete Sicherheitskontrolle verstärkt. Da jedoch Metalldetektoren PETN-Sprengsätze nicht erkennen können, wird vor allem in den USA der verstärkte Einsatz von Nacktscannern gefordert. Gegenüber dem Fernsehsender ABC hatte etwa der ehemalige Sicherheitsberater der Regierung Bush gefordert, solche Geräte auf allen Flughäfen der Welt einzusetzen, nicht nur in den USA. Dort sollen ca. 100 Scanner in Betrieb sein.

Der Einsatz dieser im Terahertz-Bereich arbeitenden Geräte stößt vor allem in Europa auf Ablehnung und Empörung. In einer Pressemeldung der Gewerkschaft der Polizei stellt sich Gewerkschaftsboss Konrad Freiberg dementsprechend die Frage, ob die Nacktscanner nicht doch eingeführt werden sollten und beantwortet sie so: "Selbstverständlich muss die Detektionstechnik weiterentwickelt werden, die Tatmittel leichter erkennbar machen. Dabei darf aber die Privat- und Intimsphäre der Passagiere nicht verletzt werden." Auch sein Kollege Rainer Wendt von der Deutschen Polizeigewerkschaft wandte sich gegen den Einsatz von Nacktscannern, weil sie gegen die Menschenwürde verstoßen. Stattdessen forderte er, das Polizeipersonal zu verstärken und bei der Fluggastkontrolle nur noch besonders zertifizierte private Sicherheitskräfte einzusetzen.

Als Alternative zu den aktuellen Terahertz-Scannern gelten passive Terahertz-Scanner und Partikeldetektionssysteme, die einen Fluggast "anpusten". Ähnlich wie bei der Untersuchung von verdächtigen Laptops wird dabei nach Partikeln gesucht, die auf gefährliche Stoffe hindeuten.

Während deutsche Politiker aller Couleur in eilig fabrizierten Statements die Ablehnung der Nacktscanner betonen, sind Sicherheitsexperten mehr mit der Frage beschäftigt, warum die hochgelobten Datenbanksysteme der US-amerikanischen Homeland Security versagten. Nach Recherchen des Fernsehsenders CNN soll der nigerianische Attentäter zwar in der "Terrorist Identity Database" gespeichert gewesen sein, nicht jedoch in der "Terrorist Screening Database", die vor Flugantritt abgefragt wird. (it)