Eine Million deutschsprachige Artikel in der Wikipedia

Während die deutschsprachige Ausgabe der freien Online-Enzyklopädie am vergangenen Sonntag den einmillionsten Artikel verzeichnen konnte, geht der Streit um Relevanzkriterien weiter.

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Von
  • Torsten Kleinz

Die Wikipedia hat einen weiteren Meilenstein erreicht: Am Sonntag hat die deutschsprachige Ausgabe der freien Online-Enzyklopädie den millionsten Artikel registriert. Die deutschsprachige Wikipedia ist damit die zweitgrößte Ausgabe der Enzyklopädie, an der Spitze steht die englische Ausgabe mit mehr als drei Millionen Artikeln.

Die Wikipedianer kürten den Artikel über den US-amerikanischen Botaniker Ernie Wasson zum millionsten Artikel. Nur neun Minuten nach der Erstellung am Sonntagmittag kassierte der Artikel schon einen Löschantrag, der jedoch wenig später abgelehnt wurde. Offenbar hatten viele Wikipedianer darum gerungen, den millionsten Artikel zu verfassen: in nur drei Minuten stellten sie 300 neue Artikel ein.

Das Ringen um den Kurs der Wikipedia geht unterdessen weiter. So wollen die so genannten "Exklusionisten" die Wikipedia tendenziell nach dem Vorbild etablierter Enzyklopädien wie dem Brockhaus oder der Encyclopaedia Britannica gestalten. Die "Inklusionisten" hingegen wollen Relevanzschwellen aufheben und Wikipedia zu einer Sammelstelle auch abseitigen und ungesicherten Wissens machen. Der ehemalige Vorsitzende des Vereins Wikimedia Deutschland Kurt Jansson wirbt in einem Debatten-Beitrag bei Spiegel Online um Verständnis für die vielfältige Arbeit, die Wikipedianer leisten müssen, wenn Artikel einmal erstellt wurden: "Die Community muss das Wachstum des von ihr verwalteten Artikelbestands in einem Rahmen halten können, der gerade noch zu bewältigen ist." Schon heute seien zu viele Artikel veraltet oder nur halb richtig.

Das Wachstum der seit 2001 bestehenden Online-Enzyklopädie ist immer noch enorm: Alleine die deutschsprachige Wikipedia wächst derzeit täglich um etwa 400 Artikel. Während die Erstellung der ersten 100.000 Artikel noch mehr als drei Jahre dauerte, benötigten die freiwilligen Autoren für die gleiche Anzahl zuletzt weniger als acht Monate.

Verschiedene Initiativen bemühen sich unterdessen um eine Wikipedia ohne "Relevanzkriterien". So hat sich das Projekt "Wiki-Waste" im Dezember in PlusPedia unbenannt und möchte dem großen Vorbild Konkurrenz machen. Noch ist die Projektvision aber unklar: so importiert PlusPedia Artikel, die in der Wikipedia von einer Löschung bedroht sind, lässt gleichzeitig aber auch die Erstellung eigener Artikel zu. Dass ein offenes Wikiprojekt nicht ohne Löschungen auskommt, mussten unterdessen auch die PlusPedia-Betreiber erfahren.

Die Debatte um die Zukunft der Wikipedia ist auch Thema einer Diskussionsrunde am Mittwoch auf dem Chaos Communication Congress in Berlin. Dort wird auch das Projekt Levitation vorgestellt, das sich mit der Möglichkeit beschäftigt, eine dezentrale Variante der Wikipedia zu schaffen. Die so genannte "Omnipedia" soll auf der verteilten Versionsverwaltung Git beruhen und dem Leser die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden, welche Inhalte er lesen möchte. (rek)