Musikmesse Frankfurt 1997: Digitale Mehrspurtechnik im PC
Es kracht, dröhnt, rauscht und zischt -- aus etlichen Lautsprechern quillt die akustische Belagerung.
Es kracht, dröhnt, rauscht und zischt -- aus etlichen Lautsprechern quillt die akustische Belagerung. Zwischen Gitarren und PA-Türmen, Konzertflügeln und Sinfonie-Equipment macht sich die Musikelektronik mit Synthesizern und Samplern, verstärkt um die MIDI- und Computersound-Expertern, immer breiter.
Nach wie vor steht die Frankfurter Musikmesse bei den Anbietern musikelektronischen Geräts höher im Kurs als die CeBIT. Um so erfreulicher, daß die terminliche Abstimmung in diesem und auch im nächsten Jahr einen Besuch beider Veranstaltungen erlaubt.
Die aktuellen Entwicklungen im Bereich Digital Audio verlagern mehr und mehr Bearbeitungsschritte in den PC. Dank preiswerter S/P-DIF- und Multi-I/O-Karten ĂĽbernimmt der PC zunehmend die Aufgaben einer digitalen Mehrspur-Bandmaschine; raffinierte Software nach Art des Virtuellen Studios von Steinberg holt Mischpult und Effektrack auf den Desktop.
Emagic stellte eine eigene 8-Spur-Karte vor, die unter dem Namen Audiowerk 8 digitales Mehrspurrecording realisiert. Zusammen mit Emagic Logic lassen sich 12 Audiospuren realisieren; mit späteren Versionen (ab Logic Audio 3.0) werden bis zu 24 Tracks unterstützt. Die Einbindung der 8 Ausgänge in Windows ist derzeit noch in Arbeit; Fremdapplikationen haben auf die Hardware nur begrenzt Zugriff. Die PCI-Busmaster-Karte bietet zwei analoge Ein- und 8 Einzelausgänge sowie eine Digital-Schnittstelle (S/P-DIF); die Wandler arbeiten 18-bittig. Die Hardware ist für Windows-95-PCs und Macintosh-Maschinen ausgelegt und soll ab Frühjahr 97 für knapp 1000 Mark erhältlich sein.
Creamware zeigte mit TDAT / A 16 ein PCI-Board, das zusammen mit dem gängigen ADAT-Digitalmehrspurrecorder 16 Ein- und Ausgänge realisiert. Die Verbindung zum ADAT erfolgt über Lichtwellenleiter. Beispielsweise zum Monitoring bietet die Karte einen analogen Stereo-Ausgang; optional ist ein 19-Zoll-Modul mit 16 Ein- und Ausgängen erhältlich. Die softwareseitige Unterstützung übernimmt eine entsprechene Version des Recording-Programms TripleDat. Software und Karte sollen im Frühjahr 97 erscheinen und um 2000 Mark kosten.
In ähnlichem Preisrahmen soll sich Layla bewegen, ein 8-Kanal-System von Event Electronics. Es bietet in einem 19-Zoll-Einschub, in dem auch die Wandler (20 Bit, 64fach Oversampling) untergebracht sind, 8 analoge Ein- sowie 10 analoge Ausgänge; eine MIDI-Schnittstelle und ein digitaler S/P-DIF-Ein-/Ausgang vervollständigen die Feature-Liste. Über einen SMPTE-Anschluß erlaubt Layla die bildgenaue Synchronisierung mit (semi-)professionellem Video-Equipment. Im Rechner installiert man eine PCI-Karte, welche mit einem DSP Motorola 56301 die nötige Rechenleistung für Echtzeitsoundbearbeitung bereitstellt. Die Hardware wird über Windows-95-Treiber vollständig ins System eingebunden und steht somit marktgängiger Recordingsoftware zur Verfügung. Zudem wurde bei Event (die Firma wurde von ehemaligen Alesis-Mitarbeitern gegründet) ein aktives Audio-Monitor-System im Satelliten/Subwoofer-Setup vorgestellt. Es entspricht in klanglicher Qualität guten Studiolautsprechern und eignet sich dank magnetischer Abschirmung auch für den Einsatz neben PC-Bildschirmen. Der Preis liegt bei etwa 1800 Mark. Für tausend Mark weniger soll ab Juni 97 eine abgespeckte Version von Layla namens Darla erhältlich sein. Das PCI-Board trägt den DSP sowie die 20-Bit-Wandler und kommt ohne externes Gehäuse aus.
Am Stand von M3C war mit der Antex Studiocard eine leistungsfähige Vierkanal-Soundkarte zu sehen, die sich dank SMPTE-Features leicht in (semi-)professionelles Videoequipment eingliedern läßt. Die Karte arbeitet bislang lediglich unter Windows NT und kostet etwa 2600 Mark. Deutlich günstiger liegt die Zefiro ZA 2, die für 1100 Mark drei digitale und einen analogen Ein-/Ausgang mitbringt. Ein Crystal-DSP soll für Echtzeit-Funktionen wie Sample-Rate-Konvertierung oder MPEG-Bearbeitung sorgen.
Die Software-Sensation der letzten Messe, das Virtuelle Studio von Steinberg, wächst und gedeiht. In Frankfurt zeigte Steinberg die Cubase VST-Version 3.5 für den PowerMac; im Sommer will das Hamburger Unternehmen eine Windows-Version herausbringen. Die VST-Module lassen sich wie "echte" Mischpulteinschübe bedienen und bringen hochwertige Echtzeit-Soundbearbeitung auf den PC. Auch Active-Movie-kompatible Plugins werden unterstützt. Mit dem "WunderVerb3" reagierte Steinberg auf die bescheidene Begeisterung, die der erste VST-Hallgenerator verursachte. Der WunderVerb3 liefert -- soviel war in Frankfurt zu hören -- deutlich authentischere Räume und überzeugenderen Hall. Das neue ASIO-System von Cubase VST 3.5 unterstützt Multi-I/O-Karten von Lexicon, Korg, Digidesign, Lucid und Event; der Preis rangiert bei 700 Mark.
Per Hall-Sample berechnet Samplitude Studio von SEK'D künstlichen Raum auf vorhandenes Audiomaterial. Das Programm wurde in der Version 4.0 vollständig auf 32-Bit-Code umgestellt und speziell für den Einsatz unter Windows 95 und NT optimiert. Die Zahl der bearbeitbaren Audiotracks hängt nur von der Systemperformance ab. Ein virtuelles Mischpult mit EQ, Dynamik-, Delay- und Distortioneffekten erlaubt den Zugriff auf die Daten der einzelnen Tracks; die Effekte werden in Echtzeit berechnet. Die zur Hallerzeugung verwendeten Samples erlauben die exakte Nachbildung realer Räume. Für knapp 1000 Mark wird Samplitude Studio weitere Funktionen wie MPEG-De-/Kompression sowie Decklicking und Denoising bieten. In einer speziellen Version arbeitet Samplitude mit der 4-kanaligen ARC-44-Karte zusammen; im Paket kosten Hard- und Software knapp 1400 Mark. (uh) (uh)