Forscher optimieren Bewegungsverhalten von Schaben mit Arduino
Schaben harren gerne in dunklen, kalten Räumen aus. Das versuchen japanische Wissenschaftler zu ändern und stimulieren sie zum Laufen.
Die Cyborg-Kakerlake buckelt einen Arduino, der drahtlos zur Stimulation von Thorax und Cercis von einer KI-Einheit angesteuert wird.
(Bild: Osaka University)
Ein Forschungsteam der japanischen Osaka University hat das tief in den Genen verankerte Bewegungsverhalten von Kakerlaken, in dunklen und kalten Räumen auszuharren, manipuliert. Dazu haben die Wissenschaftler eine Kakerlake mittels Mikrocomputer und Sensoren in eine Cyborg-Kakerlake verwandelt. Die Cyborg-Kakerlake wird jedoch nicht ferngesteuert, eine Künstliche Intelligenz (KI) auf Basis von Machine Learning steuert ihre Bewegung weitgehend automatisiert, sodass die Kakerlake auch im Dunklen unterwegs ist.
"Kakerlaken halten sich lieber in dunklen, engen Räumen auf als in hellen, weitläufigen Gebieten. Außerdem neigen sie dazu, in heißeren Umgebungen aktiv zu sein", erklärt Studienautor Keisuke Morishima, Robotiker an der Abteilung für Maschinenbau der Osaka University. "Diese natürlichen Verhaltensweisen verhindern, dass die Schaben in unbekannten und unübersichtlichen Umgebungen für Such- und Rettungseinsätze eingesetzt werden. Es wird schwierig sein, eine Mini-Livestream-Kamera, die an ihnen befestigt ist, in dunklen oder unbeleuchteten Bereichen für Echtzeit-Überwachungszwecke einzusetzen."
Stimulation zum Laufen
Die Forschenden haben deshalb nach einer Möglichkeit gesucht, die Schaben dazu zu veranlassen, ihr angeborenes Verhalten zu überwinden und sich auch in dunklen Umgebungen zu bewegen, wie sie in dem wissenschaftlichen Paper "Movement Optimization for a Cyborg Cockroach in a Bounded Space Incorporating Machine Learning", der in Cyborg und Bionic Systems veröffentlicht ist, beschreiben. Dazu haben sie eine Madagaskar-Zischschabe mit einem Arduino Zero und einem drahtlosen Wireless-Modul zum Empfang von Stimulationssignalen über Elektroden im Thorax und an den Cerci, den fühlerartigen Gebilden am Hinterleib, ausgerüstet. Mit an Bord sind ebenfalls ein 3-Achsen-Gyroskop, ein 3-Achsen-Beschleunigungsmesser sowie Sensoren für Luftdruck und Temperatur. Ein 32-Bit Mikrocontroller (SAMD21G18) von Seed Studio dient als Sender für die Stimulationssignale.
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Über das Gyroskop und den Beschleunigungsmesser ermittelt die Elektronik, ob die Schabe sich bewegt oder nicht. Eine durch maschinelles Lernen trainierte Künstliche Intelligenz (KI) entscheidet, ob zum Laufen stimuliert werden soll, oder nicht. Bleibt die Schabe etwa in der Dunkelheit oder in kühlen Umgebungen stehen, erfolgt automatisch eine Stimulation, die sie zur Bewegung animiert. Dabei erfolgt die Stimulation durch die KI so selten wie möglich, um dadurch zu verhindern, dass die Schabe ermüdet.
"Wir müssen den Cyborg nicht wie einen Roboter steuern. Sie können ein gewisses Maß an Autonomie haben, was die Grundlage für ihre agile Fortbewegung ist. In einem Rettungsszenario brauchen wir die Kakerlake beispielsweise nur anzuregen, ihre Richtung zu ändern, wenn sie in die falsche Richtung läuft, oder sich zu bewegen, wenn sie unerwartet stehen bleibt", sagt Morishima.
Optimiertes Bewegungsverhalten
Die Cyborg-Schabe konnte so ihre zurückgelegte Entfernung um 70 Prozent erhöhen und ihre bewegungslose Zeit um 78 Prozent reduzieren. "Wir haben bewiesen, dass es möglich ist, die Cerci der Schabe elektrisch zu stimulieren; sie kann ihre angeborene Gewohnheit überwinden und sich beispielsweise in dunklen und kalten Umgebungen, in denen sie normalerweise ihre Fortbewegung einschränkt, mehr bewegen."
(olb)