Flugsicherheit: Von Nacktscannern, HAMLeT und Sicherheitsarbeitern

Während Sicherheitspolitiker auf Nacktscanner mit veränderter Software setzen, fordern Polizeiverbände eine kritische Prüfung der gesamten Flugsicherheit. Wissenschaftler propagieren eine sensorische Komplettüberwachung kritischer Bereiche.

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Von
  • Detlef Borchers

Die sicherheitspolitische Neujahres-Debatte über Nacktscanner geht weiter. Sicherheitspolitiker sprechen sich für den Einsatz der Terahertz-Abtaster aus; sie glauben den Herstellern dieser Geräte, dass bis zum Sommer Verfahren entwickelt werden können, die die Privatsphäre der Flugpassagiere schützen. Sicherheitsexperten befürworten dagegen eine sensorische Komplettüberwachung kritischer Bereiche mit Systemen wie Hamlet, ausgeschrieben "Hazardous Material Localization and Person Tracking". Derweil fordern die Sicherheitsarbeiter der Polizei eine kritische Prüfung der gesamten Flugsicherheit.

So erklärte Hans-Peter Uhl, der innenpolitische Sprecher der Union, die Geräte für "unverzichtbar". Auch die selbsterklärte Bürgerrechtspartei FDP spricht von einem "richtigen Weg". Fast alle Politiker berufen sich dabei auf Software-Modifikationen, die in den Labors der Bundespolizeiakademie Lübeck entwickelt werden. Demnach werden die Intimbereiche gescannter Personen verpixelt. Erkannte eng am Körper getragene Gegenstände wie Keramikmesser und "Plastiksprengstoff" sollen mit grafischen Warnsymbolen gekennzeichnet werden, auf dass der Sicherheitsbeamte eine Ausleitung und Untersuchung einer verdächtigen Person veranlassen kann.

Abseits der Diskussion um Privatsphäre und Intimbereichsschutz gibt es jedoch Sicherheitsexperten, die Nacktscanner im Gesamtsystem des Schutzes vor Terroristen für wenig praktikabel halten. Sie machen darauf aufmerksam, dass derartige Scanner, die zusätzlich zu den Metall-Detektoren eingesetzt werden müssen, die Fluggastabfertigung stark behindern. Besser sei es, Flughäfen mit einem dichten Netz von hochempfindlichen Sensoren zu überziehen und gleichzeitig die rechnergestützte Videoüberwachung auszubauen. Besonders erfolgversprechend soll der Ansatz von HAMLeT sein, dem "Hazardous Material Localization and Person Tracking", das am ehemaligen Militärforschungsinstitut FKIE entwickelt wurde. Die heute als Fraunhofer-Forscher arbeitenden Wissenschaftler entwickelten dabei eigentlich zwei Sensor-Netze jeweils für die Partikel-Detektion und das Location Tracking von Fluggästen. Im ersten Schritt wird ein gefährlicher Stoff geortet, im zweiten Schritt wird durch Analyse der Fluggastbewegungen der gefährliche Stoff einer Person zugeordnet. In einem Bundeswehrversuch sollen mit HAMLeT fünf "Terroristen" mit verdeckten Sprengstoffen enttarnt worden sein.

Auf einen weiteren, wenig bekannten Aspekt der Flugsicherheit macht die Gewerkschaft der Polizei aufmerksam. Bekanntlich wurde der nigerianische Terrorist in letzter Minute von einem Passagier gestoppt, der ihn wie ein Sky Marshal überwältigte. Der Ausbau dieser Sicherheitskomponente ist nach Ansicht der Gewerkschaft dringend geboten. Sie spricht davon, dass gerade einmal die Hälfte der 200 Stellen für Flugsicherheitsbegleiter in Deutschland besetzt sind. Statt kurzsichtig nur über die Nacktscanner zu debattieren, müsse der gesamte Bereich der Flugsicherheit auf den Prüfstand, betonte Gewerkschaftschef Konrad Freiberg. Außerdem müssten Sicherheitsarbeiter besser entlöhnt werden. (jk)