Forschungsgesellschaft für Angewandte Naturwissenschaften ist Geschichte

Die ehemals dem Verteidigungsministerium zuarbeitende Forschungsgesellschaft für Angewandte Naturwissenschaften wurde nun 52 Jahre nach ihrer Gründung aufgelöst.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 37 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Mit einer Eintragung bei den zuständigen Amtsgerichten ist die ehemals dem Verteidigungsministerium zuarbeitende Forschungsgesellschaft für Angewandte Naturwissenschaften am Ende ihre 52-jährigen Geschichte angelangt. Die einzelnen Institute sind ab heute, wie bereits berichtet, Institute der Fraunhofer-Gesellschaft geworden. In einer Art Abschiedsbrief wird den rund 700 Mitarbeitern Mut gemacht. Sie würden neue Möglichkeiten erproben und neue Menschen kennenlernen können. Für ihre Arbeit werde es neue Formen der Anerkennung geben.

Das schnelle Ende der FGAN mit den drei unabhängigen Instituten FHR, FKIE und FOM hat vor allem steuertechnische Gründe. Weil die Auflösung noch vor dem 1. September von den Gerichten notifiziert wird, gilt sie als wirtschaftlich rückwirkend zum 1. Januar 2009 vollzogen. Vom Verteidigungsministerium gibt es eine Anschubfinanzierung in Höhe von 22,9 Millionen Euro, die den Militärforschern den Einstieg in die "dual-use-Forschung" erleichtern soll.

Mit dem Wechsel der Liegenschaften der Institute aus der Bundeshand zur Fraunhofer-Gesellschaft bekommt diese die Möglichkeit, von ihr nicht besonders geschätzte Großanlagen wie das TIRA wieder auszugliedern und zu veräußern. Den FGAN-Mitarbeitern sind Sicherheiten zugesagt worden: Änderungskündigungen sind ab dem 1. September 2009 beginnend erst nach 18 Monaten möglich, Beendigungskündigungen erst nach 30 Monaten. Nicht wenige befürchten eine Abwicklung im Stil der GMD-Übernahme, bei der massiv die Belegschaft abgebaut wurde. Auch der FGAN-Betriebsrat hatte Bedenken geäußert. Eine Evaluationsstudie des Wissenschaftsrates hatte frühzeitig Signale für den Umbau der Institute gegeben.

Im Rahmen der "dual-use-Forschung" können die neuen Fraunhofer-Institute nun Sicherheitsforschungsprojekte aus der Wirtschaft in Konkurrenz mit Instituten akquirieren und sind nicht mehr direkt vom Verteidigungsministerium abhängig, das schlicht Aufträge ohne Ausschreibung erteilte. Ob die Aufträge für das Verteidigungsministerium insgesamt günstiger werden, ist umstritten: Bei Fraunhofer-Projekten wird ein Aufschlag eingerechnet, mit dem die einzelnen Institute anteilig die Verwaltung der Fraunhofer-Gesellschaft tragen.

Die Arbeit an zivilen Forschungsprojekten wird nicht von allen Parteien so positiv gesehen wie von der Fraunhofer-Gesellschaft, die sich über Synergie-Effekte freut. So warnten NATO-Kreise, dass die bislang neutrale Beratungstätigkeit der FGAN durch die Kommerzialisierung Ihrer Forschung leiden könne. Beim norwegischen Pendant, dem Forsvaret Forskningsinstitutt (FFI), wurde eine ähnlich betriebene Kommerzialisierung der vormals hauptsächlich staatlichen Sicherheitsforschung inzwischen wieder rückgängig gemacht. (Detlef Borchers) / (anw)