Netflix will Account-Sharing weiterhin blockieren

Man habe noch Wege entdeckt, die Erfahrung zu verbessern: Netflix will die geplante Sperre gegen Account-Sharing international etwas später einführen.

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Dallas,,Texas/,United,States,-,05/10/2018:,(photograph,Of,Netflix,Logo

(Bild: Bernardo Ramonfaur/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.

Netflix gewährt etwas Aufschub bei seinem verstärkten Vorgehen gegen das sogenannte Account-Sharing. Bei der Bekanntgabe seiner Quartalszahlen in der Nacht zum Mittwoch kündigte das Streaming-Unternehmen an, dass die Weitergabe von Netflix-Passwörtern in vielen internationalen Märkten erst im Verlauf des zweiten Quartals gestoppt werden soll.

Zuvor hatte Netflix eigentlich das verstrichene erste Quartal als Zeitraum genannt, in dem die Account-Sharing-Sperre international eingeführt werden sollte. Doch bislang geht Netflix etwa in mehreren lateinamerikanischen Ländern, Spanien, Portugal und Kanada gegen die Weitergabe von Passwörtern vor.

Andere große Märkte – allen voran die USA und mitteleuropäische Länder wie Deutschland, Österreich und die Schweiz – kamen bislang ungeschoren davon. Warum die Einschränkungen beim Teilen von Netflix-Accounts verschoben wurde, geht aus dem Finanzbericht nicht eindeutig hervor.

"Wir sind zufrieden mit der bisherigen Einführung von Paid Sharing", schreibt Netflix dort. "Wir hätten es zwar auch im ersten Quartal breiter einführen können, haben aber noch Wege gefunden, die Erfahrung für unsere Mitglieder zu verbessern." Man habe dazugelernt und werde diese Einsichten bei künftigen Umsetzungen einbringen, heißt es weiterhin. Informationen dazu, welche Einsichten damit gemeint sind und welche Änderungen dadurch im Vergleich zu Ländern wie Spanien und Portugal zu erwarten sind, gehen aus dem Finanzbericht nicht hervor.

Weiterhin ist außerdem unklar, wie genau Netflix das Teilen von Accounts einschränkt: Es gibt zwar Lippenbekenntnisse wie das Versprechen, dass Reisen weiterhin möglich sein sollen, die genaue Umsetzung bleibt aber nebulös. Ein Support-Dokument, das konkrete Informationen zum Vorgehen gegen Account-Sharing nannte, ist längst gelöscht – ob die darin enthaltenen Informationen jemals korrekt waren oder heute noch aktuell sind, ist nicht bekannt.

In vielen Ländern mit Account-Sharing-Sperre gibt Netflix Usern die Möglichkeit, Personen außerhalb des Haushalts gegen Aufzahlung weiterzuversorgen. In Portugal kostet das 4 Euro, in Spanien 6 Euro pro Person. Das Streaming-Unternehmen hält sich aber explizit offen, diese Option in bestimmten Ländern nicht anzubieten. Zumindest in Spanien und Portugal darf man im Basis- und Werbeabo gar keine Nutzer außerhalb des Haushalts hinzufügen, im Standardabo nur eine Person. Im Premium-Abo soll man bis zu zwei Personen gegen Aufpreis mitversorgen können.

Erneut betont Netflix im Rahmen seiner Finanzbekanntgabe, dass das Vorgehen gegen Account-Teilen sich positiv auf die Umsätze auswirken dürfte: Wie in Lateinamerika habe man auch in anderen Märkten, in denen das Teilen von Passwörtern eingeschränkt wurde, zuerst eine "Cancel Reaction" festgestellt. Schließlich würden sich aber die "blinden Passagiere" ihre eigenen Accounts anlegen, während andere die Option für weitere Mitglieder innerhalb ihres Accounts dazubuchen.

In Kanada sei die Anzahl der zahlenden Nutzer ebenfalls kurzfristig gesunken, dort hat Netflix eigenen Angaben zufolge nun aber mehr zahlende User als zu Zeiten, bevor die Account-Sharing-Sperre umgesetzt wurde. Netflix sieht Kanada als guten Indikator für den wichtigen Heimatmarkt in den USA – auch dort erwartet der Streaming-Dienst also Nutzerwachstum durch den umstrittenen Schritt.

Im ersten Quartal 2023 steigerte Netflix seinen Umsatz im Jahresvergleich um 3,7 Prozent auf 8,16 Milliarden US-Dollar. Der Betriebsgewinn ging im gleichen Zeitraum um 13 Prozent zurück und liegt jetzt bei 1,7 Milliarden Dollar. Damit sank auch der Nettogewinn um rund 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf zuletzt 1,3 Milliarden Dollar, erklärte das Unternehmen.

Laut Netflix zahlen mehr als 100 Millionen Haushalte nicht für Netflix, weil sie Accounts anderer Haushalte mitbenutzen. Verboten ist das eigentlich schon länger: Ein Netflix-Account darf laut den Nutzungsbedingungen nur mit Personen geteilt werden, die im gleichen Haushalt leben. Netflix definiert einen Haushalt als gemeinsamen Wohnort – praktisch darf man Netflix also mit allen Personen teilen, die zusammenwohnen. Bisher ging Netflix aber nicht systematisch gegen geteilte Accounts vor.

(dahe)