Milliardenklage wegen chinesischer Filtersoftware

Die kalifornische Firma Solid Oak Software, deren Internet-Filterprogramm Cybersitter offenbar teilweise von chinesischen Entwicklern kopiert worden war und in ein staatliches Internet-Blockadeprojekt einfloss, fordert 2,2 Milliarden US-Dollar von der Volksrepublik China, zwei einheimischen Firmen und sieben Computerherstellern, darunter Sony, Lenovo und Toshiba.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Die kalifornische Firma Solid Oak Software, deren Internet-Filterprogramm Cybersitter offenbar teilweise von chinesischen Entwicklern kopiert worden war und in ein staatliches Internet-Blockadeprojekt (Green Dam) einfloss, hat in Los Angeles eine Milliardenklage wegen Verletzung von Urheberrechten angestrengt. Nach Angaben der Anwaltskanzlei Gipson Hoffman & Pancione, die das Unternehmen vertritt, fordert Solid Oak Software insgesamt 2,2 Milliarden US-Dollar Schadensersatz. Als Beklagte werden die Volksrepublik China, die Firmen "Zhengzhou Jinhui Computer System Engineering Ltd." und "Beijing Dazheng Human Language Technology Academy Ltd." sowie sieben Computerhersteller genannt, die Rechner ausgeliefert haben, denen die umstrittene Filtersoftware beilag: Sony, Lenovo, Toshiba, Acer, Asustek, BenQ und Haier.

China hatte im Frühjahr 2009 eine Anordnung veröffentlicht, wonach ab Juli auf jedem im Land verkauften neuen PC die Filtersoftware "Green Dam Youth Escort" installiert oder die Software zumindest auf einem Datenträger mitgeliefert werden müsse. Die Regierung betonte damals, die von ihr finanzierte Software diene dem Schutz von Minderjährigen vor Pornografie und anderen für sie schädlichen Inhalten. Schulen und öffentliche Einrichtungen wurden angewiesen, die Green-Dam-Software umgehend auf ihren Rechnern zu installieren. Solid Oak Software wies aber schon kurze Zeit später darauf hin, dass die Benutzeroberfläche von Green Dam stark an das eigene Produkt Cybersitter erinnere; auch würden zu Cybersitter gehörende DLLs verwendet. Später wurden zudem Cybersitter-Blacklists und sogar eine Pressemitteilung von Solid Oak Software aus dem Jahr 2004 in Green Dam gefunden.

Green Dam sei eine Ansammlung von "geklauten Komponenten" und ein "miserables Produkt", schimpfte Unternehmenschef Brian Milburn im Spätsommer. Zuvor hatten Computerexperten gravierende Sicherheitslücken in Green Dam ausgemacht. Im Oktober verklagte Solid Oak Software dann CBS Interactive, weil über das Portal ZDNet China mindestens 31.000 Mal die Green-Dam-Software heruntergeladen worden war. Der Rechtsstreit (PDF-Datei), in dem Solid Oak Software Schadensersatzforderungen in einer Gesamthöhe von 1,5 Millionen Dollar geltend gemacht hatte, wurde im Dezember ohne Nennung von Einzelheiten beigelegt. Kern der Klage war der Vorwurf, dass chinesische Programmierer rund 3000 Zeilen Cybersitter-Code kopiert und illegal für die Green-Dam-Software genutzt hätten. Durch die Möglichkeit eines Downloads über das chinesische ZDNet-Portal habe CBS Interactive diese Copyrightverletzungen unterstützt.

Für die Berechnung des Schadensersatzes legte Solid Oak Software den Preis des eigenen Cybersitter-Programms zugrunde, das damals für rund 40 Dollar vertrieben wurde. Und diese 40 Dollar sind auch Grundlage der Schadensberechnung der neuen Klage: Mehr als 56 Millionen Green-Dam-Kopien seien im Namen der chinesischen Regierung bislang verteilt worden, heißt es in einer Unternehmenserklärung. Mit der Milliardenklage will Anwalt Greg Fayer auch ein Zeichen gegen eine "allzu normale Praxis ausländischer Softwareentwickler und -distributoren" setzen, "die denken, sie könnten Urheberrechte kleiner amerikanischer Firmen verletzen, ohne sich dafür vor US-Gerichten verantworten zu müssen". Außer Copyrightverletzungen werden den Beklagten auch unfairer Wettbewerb, die widerrechtliche Nutzung von Handelsgeheimnissen und Verschwörung vorgeworfen. (pmz)