Nutzlose Videobrillen: Des Einen Lizenz ist des Anderen Ransomware

Videobrillen von Orqa booten nicht. Orqa bezichtigt einen Lieferanten, Ransomware mit Zeitzünder eingebaut zu haben. Der verweist auf eine abgelaufene Lizenz.

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Videobrille

Videobrille Orqa FPV.One Pilot

(Bild: Orqa)

Lesezeit: 3 Min.

Die speziell bei Flugdrohnenpiloten beliebten Videobrillen von Orqa lassen sich seit Samstag, dem 29. April 2023, nicht mehr booten, sofern das korrekte Datum eingestellt ist. Das hat bei einem Drohnenflugwettbewerb für erhebliche Aufregung gesorgt. Offenbar ist eine Software-Lizenz abgelaufen. Der kroatische Hersteller Orqa fährt hingegen schweres Geschütz auf und erhebt strafrechtliche Vorwürfe.

"Dieses mysteriöse Problem war das Ergebnis einer Ransomware-Zeitbombe, die vor einigen Jahren von einem gierigen ehemaligen Auftragnehmer heimlich in unseren Bootloader eingepflanzt wurde, in der Absicht, ein exorbitantes Lösegeld von der Firma zu holen", schreibt Orqa auf seiner Webseite. Wie teuer die Lizenzverlängerung wäre, verrät Orqa nicht. Die Firma sieht "besondere Perfidität" des Software-Lieferanten dadurch gegeben, dass er über die Jahre weitere Dienstleistungen erbracht habe.

Der Lieferant ist offenbar die ebenfalls kroatische Firma Swarg Antenski Sustavi. Sie erklärt den Ausfall mit dem Ablauf ihrer Lizenz und verweist darauf, dass Orqa keine Rechte am relevanten Source Code erworben habe. Die binären Dateien seien verschlüsselt und könnten nicht reverse-engineered werden. Betroffenen Endanwendern bietet Swarg eine vorübergehende Lösung an: Ein neues Firmwareupdate schaltet die Firmware bis 1. Juli frei. Bis dahin müsste Orqa also entweder eine neue Lizenz erwerben oder Ersatzsoftware auftreiben.

Letzteres ist laut Orqa bereits in Arbeit, zumal das nicht mehr funktionierende Programm nur einen Bruchteil der Brillensoftware ausmache. Gleichzeitig warnt der Videobrillenhersteller vor der Installation des Updates und behauptet, diese sei "wahrscheinlich kompromittiert". Woraus sie das schließt, sagt sie nicht.

Dafür spricht sie vage von "anhängigen Rechts- und Strafverfahren" gegen Swarg. Ein "Ransomware-Zeitbombenangriff" sei eine Straftat, auch wenn man ihn als Lizenz bezeichne. Betroffene Kunden bittet Orqa um Geduld. heise online hat Swarg zu einer Stellungnahme eingeladen.

Ohne Einblick in die zwischen Orqa und Swarg geschlossenen Verträge sowie die Kommunikation der Streitparteien kann nicht beurteilt werden, ob hier tatsächlich der behauptete Abzockversuch vorliegt, oder ob Orqa bloß die Lizenzbedingungen nicht aufmerksam gelesen hat. Nach Lizenzablauf streikende Software und steigende Lizenzpreise sind ja keine neue Erfindung.

Wer eine Orqa-Brille hat, den stecken gebliebenen Bootloader aber noch nicht erlebt hat, sollte sein Gerät bis auf Weiteres nicht rebooten. (Es sei denn, auf dem Gerät ist ein Datum vor dem 29. April 2023 eingestellt.) Für zwei ihrer drei Videobrillenmodelle hat Orqa zunächst eine Notfall-Updatemethode veröffentlicht, die sich aber nicht zerstörungsfrei umsetzen lässt und etwas Schrauberei erfordert. Orqa versprach, die dabei zerstörten Schaumstoffteile kostenfrei zu ersetzen.

Dann hat das Unternehmen diese Methode zurückgezogen und auf ein einfaches Softwareupdate verwiesen. Es werde derzeit mit einer kleinen Zahl Geräte getestet und soll alsbald erscheinen.

Drohnenpilot Jon E5 berichtet, wie er und andere Piloten am Wochenende beim Drohnenflug-Wettbewerb Ice Storm in Milwaukee mit dem Problem umgegangen sind:

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(ds)