WSIS: Keine magische Formel für den Weltgipfel zur Informationsgesellschaft

UN-Generalsekretär Kofi Annan meint, zum ersten Mal spreche ein Weltgipfel nicht über eine globale Gefahr, sondern über eine Chance.

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Von
  • Monika Ermert

Nach langen, zähen Verhandlungen, Last-Minute-Diplomatie und einigen Tonnen von Entwürfen und Gegenentwürfen war es am heutigen Mittwochnachmittag so weit: In Genf wurde der erste UN-Weltgipfel der Informationsgesellschaft eröffnet. In den Eröffnungsreden wurde der Gipfel in verschiedener Hinsicht als neu und anders bezeichnet als andere Gipfel -- erstmals geht es nur um Kommunikation, erstmals trifft man sich zwei Jahre nach dem Gipfel zum erneuten Realitätscheck, erstmals haben Nichtregierungsorganisationen ein gewisses Mitspracherecht erhalten. UN-Generalsekretär Kofi Annan nannte in seiner Eröffnungsrede noch eine Besonderheit: Zum ersten Mal spreche ein Weltgipfel nicht über eine globale Gefahr, sondern über eine Chance.

Annan warnte in seiner Rede auch: "Es gibt keinen Grund zu glauben, dass die Unterschiede Schritt für Schritt von selbst verschwinden, einfach dadurch, dass neue Technologien ihren Reichtum verbreiten. Damit eine offene Informationsgesellschaft für alle ensteht, brauchen wir dauerhaften Einsatz und Investitionen." Annan forderte von allen Beteiligten, Regierungen wie Wirtschaft und Nichtregierungsorganisationen, ihren Beitrag zu leisten. Regierungsvertreter müssten den politischen Willen für diese Ziele herstellen. Das Schließen der vielbeschworenen digitalen Kluft zwischen Norden und Süden steht unter Punkt Nummer 8 der Millenium Development Goals der UNO. Doch eine "magische Formel" für die Überwindung der Armut sei die Technologie alleine nicht.

Pascal Couchepin, Präsident der Schweizer Eidgenossenschaft und Gastgeber des Megaevents, erklärte: "Wir haben eine Reihe von Zielen formuliert und auch einige Deadlines und müssen uns daran auch halten." Würden die reichen Ländern dies nicht tun, könnte es die Entwicklungsländer in Verzweiflung stürzen, meinte Couchepin. Unterstützt wurde dies von der finnischen Präsidentin Tarja Halonen, die als eines der wenigen westlichen Staatsoberhäupter beim Gipfel den Reigen der Regierungsstatements eröffnete.

Die Reden der Staatsoberhäupter und runde Tische zu den Hauptpunkten der Deklaration gehen bis Freitag und können per Webcast auf den Webseiten bei der für die Organisation des Gipfels verantwortlichen International Telecommunications Union verfolgt werden. Sehr viel Neues werden viele der Hunderte von Statements allerdings kaum bringen. Oftmals verfallen die Regierungsvertreter anscheinend mehr in die Darstellung eigener Erfolge als ihre Ideen für die Zukunft der Informationsgesellschaft zu formulieren. Einen Erfolg des Gipfels wollte Couchpin allerdings doch hervorheben: Die Schweiz, die an vielen Fronten kämpfe, um den Gipfel zu einem Erfolg zu machen, glaube fest an den neuen Dialog zwischen Regierungs- und Nicht-Regierungsvertretern.

Am Ende des Tages sind auch alle Staatschefs und Regierungsdelegierten übrigens Privatleute, sagte als Vertreterin der Nicht-Regierungsorganisationen Kicki Nordström, die Präsidentin der World Blind Union. Bislang seien die Belange nicht privilegierter Gruppen an Hilfsorganisationen, allmächtige Götter oder Menschen mit übernatürlichen Kräften überlassen worden. Dieses Mal seien die Nichtprivilegierten selbst gekommen. Die Nicht-Regierungsorganisation werden am morgigen Donnerstag ihre Gipfelerklärung vorstellen, ein eigener Gipfel von Menschen mit Behinderungen findet am Freitag statt.

Zum Weltgipfel für die Informationsgesellschaft siehe auch:

(Monika Ermert) / (jk)