Bundesregierung setzt im Kampf gegen Kinderpornos auf die UN

Das Familienministerium wertet die Verabschiedung einer einschlägigen Resolution der Vereinten Nationen als "wichtiges politisches Signal". Die Meinungsbildung zum weiteren nationalen Vorgehen sei noch nicht abgeschlossen, auch nicht zu den Websperren.

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Die Bundesregierung hat in jüngster Zeit vor allem auf Ebene der Vereinten Nationen Wege zur Verstärkung der Zusammenarbeit internationaler Strafverfolgungsbehörden im Kampf gegen Kinderpornographie vorangetrieben. Dies geht aus der Antwort des federführenden Familienministeriums auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion der Grünen hervor, die heise online vorliegt. Als "wichtiges politisches Signal" wertet es das Haus der neuen Familienministerin Kristina Köhler (CDU) demnach, dass die UN-Generalversammlung kürzlich eine einschlägige Resolution zu Kinderrechten verabschiedet habe.

Die Entschließung ruft die Mitgliedsstaaten laut Bundesregierung "auf deutsche Initiative hin" auf, "Maßnahmen zu unternehmen, um die Verbreitung von Kinderpornographie im Internet zu verhindern". Zudem sollen sie "die Löschung von Seiten mit kinderpornographischen Inhalten ermöglichen und Strafverfolgung sicherstellen". Eine im März bei der Sitzung des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen weiter zu verhandelnde Resolution werde das Schwerpunktthema "Sexuelle Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen haben". Dabei werde sich die Bundesregierung erneut "für die Ächtung von Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten einsetzen und konsequente Strafverfolgung einfordern".

Ex-Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte zuvor in der Auseinandersetzung um Web-Sperren immer wieder auf eine Reihe von Staaten verwiesen, in denen es Probleme mit dem Löschen kinderpornographischer Seiten gebe. Konkret nannte sie unter anderem Indien, was zu diplomatischen Verwerfungen führte.

Die Meinungsbildung zum weiteren Umgang mit dem Zugangserschwerungsgesetz, das der Bundestag unter Schwarz-Rot im Sommer noch verabschiedete und das nach wie vor von Bundespräsident Horst Köhler (CDU) auf formale Verfassungskonformität hin geprüft wird, ist laut Familienministerium "innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen". In der Koalitionsvereinbarung hatte sich Schwarz-Gelb darauf verständigt, die Ausführung des Gesetzes auf Eis zu legen und ein Jahr lang den Vorrang des Prinzips "Löschen statt Sperren" zu forcieren. Ebenfalls noch im Gange sind laut Familienministerium Überlegungen, wie die angestrebte engere Zusammenarbeit zwischen den Polizeibehörden und den Selbstkontrollinstrumenten der Internetwirtschaft etwa durch den Zusammenschluss von Meldestellen INHOPE beflügelt werden könne.

Die Bundesregierung plant den Antworten zufolge nicht, Personal- und Sachmittel der Strafverfolgungsbehörden des Bundes zu erhöhen, um Kinderpornographie besser direkt "an der Quelle" bekämpfen und die Täter effektiver verfolgen zu können. Die Verfolgung einschlägiger Delikte obliege den Strafverfolgungsbehörden der Länder, weist das Familienministerium in diesem Fall eine Zuständigkeit des Bundeskriminalamts (BKA) zurück. Die Wiesbadener Polizeibehörde sollte ursprünglich Sperrlisten an die Provider liefern. Eine Veranlassung für eine Budgeterhörung sieht die Bundesregierung nun aber nicht. Einfluss auf die Etatbemessung in den Ländern könne man zudem nicht nehmen, da deren Haushaltshoheit zu beachten sei.

Zu Überlegungen über konkrete Maßnahmen im Rahmen der Prävention und Aufklärung bei kommerzieller sexueller Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen kann die Bundesregierung derzeit noch wenig Auskunft geben. Genauso wenig gibt es Angaben über Aufklärungskampagnen zur Sensibilisierung von Betroffenen, Behörden und Bürgern oder über gezielte Initiativen zur Stärkung der Medienkompetenz der Nutzer. Der allgemeine Aktionsplan zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt solle aber weiterentwickelt werden, heißt es in Berlin. Mitte des Jahres wolle man dazu einen Vorschlag ins Bundeskabinett einbringen.

Dass die Regierung auf 17 von 40 Fragen zu dem sensiblen Themenbereich nicht antworten kann, ist für die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Ekin Deligöz, "zweifellos" ein Zeichen mangelnden Engagements. So müsse etwa der nationale Aktionsplan "sofort" wieder aufgelegt werden. Der netzpolitische Sprecher der Oppositionsfraktion, Konstantin von Notz, bemängelte gegenüber heise online, dass die Bundesregierung keine "kohärente und effektive Strategie" gegen sexuellen Kindesmissbrauch habe. Statt tragfähige Konzepte gegen Kinderpornographie zu entwickeln, habe sie "auf eine völlig absurde Alibi- und Stoppschild-Politik gesetzt" und sei damit "fulminant gescheitert". (jk)