Bit-Rauschen: Chip-Verluste, Core-i-Abschied, Microsoft-Hardware

Viele Chipfirmen verlieren Milliarden, andere verdienen gut. Intel kündigt neue Prozessornamen an, Microsoft gibt einige Hardware auf und sucht Chipentwickler.

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So unterschiedlich läuft es derzeit in der Halbleiterbranche: Während sich Infineon über 25 Prozent mehr Umsatz im Jahresvergleich und sogar 76 Prozent mehr Gewinn (826 Millionen Euro) freut, lecken AMD, Intel, Samsung und SK Hynix ihre Wunden. Weil sich der PC-Markt im freien Fall befindet und auch bei Servern wenig läuft, fuhr Intel den größten Quartalsverlust der Firmengeschichte ein: 2,8 Milliarden US-Dollar Miese. AMD kam mit einem blauen Auge davon, hier leuchten lediglich 139 Millionen US-Dollar rot – das erste Verlustquartal seit 2017. Intel erzielte mit 11,5 Milliarden US-Dollar kaum mehr als den doppelten Umsatz als die viel kleinere Firma AMD (5,4 Milliarden). Für AMD erwies sich der Kauf von Xilinx als Glücksfall, denn der in dieser Sparte gestiegene Umsatz glich den krassen Rückgang bei den Ryzen-Prozessoren um fast zwei Drittel weitgehend aus. Intel verlor bei den Client-Chips "nur" 38 Prozent. Auch die eingangs erwähnte Firma Infineon verkauft eine Reihe von Chips für PCs, Notebooks und Server – etwa für deren Stromversorgung – und verzeichnete in diesen Bereichen Rückgänge. Die neue Dresdner Infineon-Fab zielt aber eher auf stärkere Leistungsschalter.

Ein angedeuteter erster Spatenstich für Infineons neue Leistungshalbleiterfabrik in Dresden, von links: Sachsens Ministerpräsident Kretschmer, EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen, Infineon-Vorstandsvorsitzender Hanebeck, Bundeskanzler Scholz und der Dresdner Oberbürgermeister Hilbert.

(Bild: Infineon)

Die schwächelnden Zahlen der Serversparten von AMD (kein Wachstum) und Intel (minus 39 Prozent) verwundern, wenn man an den aktuellen KI-Hype denkt. Eigentlich wäre doch zu erwarten, dass die KI-Dienstleister Hardware kaufen wie verrückt. Das passiert offenbar nicht. Vielleicht hat AMD/Xilinx profitiert, deren FPGAs auch KI auf Trab bringen.

Bei Smartphone-Prozessoren läuft es ebenfalls mau: Qualcomm meldet in diesem Segment 17 Prozent weniger Umsatz im Jahresvergleich, bleibt aber in der Gewinnzone. Schrumpfende Nachfrage bei Computern und Handys bescherte den koreanischen Speicherchipriesen Samsung und SK Hynix Quartalsverluste von rund 3 respektive 2,3 Milliarden US-Dollar. Die Verbraucher freuen sich hingegen über fallende Preise bei SSDs und Speichermodulen. Sogar Grafikkarten werden billiger, aber Nvidia verrät seine Quartalsergebnisse erst nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe.

Intels ab Herbst erwartete Prozessorgeneration "Meteor Lake" wird nicht mehr "Core i" heißen, sondern anders, aber wohl mit "Core" im Namen. Man munkelt über Core 3, Core 5, Core 7, Core 9 und besser ausgestattete Versionen namens Core Ultra 7 und so weiter. Damit endet nach 15 Jahren die Core-i-Ära, als Erster kam im November 2008 der Core i7-965 XE. Damals verabschiedete sich Intel von Frontsidebus (FSB) und Chipsatz-Northbridge und packte Speichercontroller samt PCIe Root Complex direkt in die CPU, später dann auch die GPU.

Für die im vorangegangenen Bit-Rauschen erwähnten Probleme mit der RAM-Übertaktungsfunktion AMD EXPO gibt es mittlerweile BIOS-Updates. Weitere dürften bald folgen, um eine schwere Sicherheitslücke im Trusted Platform Module (fTPM 2.0) des AMD Secure Processor der Ryzens zu schließen. Sie trägt den sprechenden Namen faulTPM.

Microsoft verabschiedet sich (mal wieder) von Hardware: Die beliebten Tastaturen und Mäuse der Marke sterben ebenso aus wie die Webcams. Surface-Geräte laufen aber weiter, inklusive Zubehör. Eine Reihe von Stellenangeboten nährt die schon seit Jahren schwelenden Spekulationen über hauseigene Microsoft-Chips. Die entwickelt Microsoft aber längst, etwa den Sicherheitscontroller Pluton. Mancher erwartet "Microsoft Silicon" mit ARM-Kernen für Surface-Mobilrechner analog zum Apple M2. Doch laut den Stellenanzeigen geht es eher um Server-Hardware für die Azure-Cloud, unter anderem tüftelt man an einem smarten Netzwerkadapter (SmartNIC/DPU) nach dem Vorbild Amazon Nitro. Solche Chips entlasten Serverprozessoren, indem sie beispielsweise den Netzwerk- und Massenspeicherdatenverkehr der Cloud-Instanzen ver- und entschlüsseln. Anfang 2023 hatte sich Microsoft das DPU-Start-up Fungible einverleibt.

Außerdem sucht Microsoft Experten unter anderem für PCI Express und Compute Express Link (CXL), was auf die Entwicklung hauseigener KI-Beschleuniger hindeuten könnte. Dafür spricht zudem, dass Microsoft im Herbst 2022 die Kooperation mit dem britischen KI-Chipentwickler Graphcore beendete. Anscheinend braucht jeder große Cloud-Dienstleister ein paar eigene KI- und Netzwerkchips, um sich wohlzufühlen.

Zum Bit-Rauschen gibt es regelmäßig auch einen Podcast.

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(ciw)