Gebrauchtwagenplattform haftet für Kleinanzeigen

Das Landgericht Köln hat entschieden, dass ein Portalbetreiber für den Inhalt von bei ihm eingestellten Kleinanzeigen haften muss.

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Von
  • Holger Bleich

Das Landgericht Köln hat entschieden, dass ein Portalbetreiber für den Inhalt von bei ihm eingestellten Kleinanzeigen haften muss (AZ 28O706/02). Der Betreiber hatte in seinen Geschäftsbedingungen selbst angegeben, dass jede Anzeige vor der Freischaltung "manuell durchgesehen" werde. Daraus schloss das Gericht, dass sich das Unternehmen somit selbst eine Prüf- und Rückfragepflicht bei "hoch sensiblen" Texten auferlegt habe.

Im konkreten Fall ging es um eine Kleinanzeige, in der ein "Porsche wegen privater Insolvenz für nur 29.000 Euro abzugeben" war. Diese Annonce hatte ein Unbekannter unter fremden Namen aufgegeben. Außerdem hatte er die Telefonnummern des eigentlichen Fahrzeughalters angegeben. Dieser habe erst von der Anzeige erfahren, als bei ihm unzählige Porschefans angerufen hätten, teilte er dem Gericht mit.

Nachdem er den Portalbetreiber von der falschen Annonce in Kenntnis gesetzt hatte, nahm dieser die Anzeige sofort aus dem Netz. Weil der wahre Inserent nicht ausfindig gemacht werden konnte, verklagte der Geschädigte nun den Portalbetreiber, weil in seinem persönlichen Umfeld das Gerücht von bestehender Privatinsolvenz die Runde machte, und bekam vom Gericht 2000 Euro Schmerzensgeld und 80 Euro Schadensersatz zugesprochen.

Nach derzeit gängiger Juristenmeinung haftet ein Website-Betreiber allerdings nicht für Inhalte, die von Dritten eingestellt werden, solange er vom Content keine Kenntnis hat. Unterstützt wird diese Ansicht vom Paragrafen 9 des Mediendienstestaatsvertrags (MDStV) beziehungsweise Paragraf 11 des Teledienstegesetzes (TDG).

Nach Ansicht des Kölner Gerichts konnten diese Regelungen im konkreten Fall dem beklagten Betreiber nicht zugute kommen. Wörtlich heißt es im Urteil: "Dabei kann die Frage offen bleiben, ob es sich bei den Inseraten um fremde Inhalte im Sinne dieser Vorschrift handelt, da die Beklagte die Anzeigen vor der Veröffentlichung manuell durchgesehen hat. Bei Informationen und Tatsachen, die wie dargelegt hoch sensibel sind und in gravierender Weise in das Persönlichkeitsrecht desjenigen eingreifen, der in der Anzeige genannt wird, wird offensichtlich, dass eine rechtswidrige Handlung vorliegt, so dass, auch wenn unterstellt würde, dass fremde Inhalte vorliegen, kein Ausschluss der Haftung der Beklagten eingreifen könnte."

Für die Anbieter von Internetportalen sei das ein schwerer Schlag, kommentierte beispielsweise die Rechtsanwaltskanzlei Härting heute in einer Mittleilung die Entscheidung: "Ob Gebrauchtwagen, Mitfahrzentralen oder Single-Börsen, ob Schwarze Bretter oder Gästebücher, ob Online-Auktionen oder herkömmliche Verkaufsangebote: den Anbietern drohen nach dieser Rechtsprechung umfangreiche Prüfpflichten und erhebliche Haftungsrisiken. Genau um dies zu verhindern, ist das Teledienstegesetz geschaffen worden." (hob)