"Licht-durch-die-Wand-Experiment": Suche nach Axionen unter Hamburg

Mit dem weltweit empfindlichsten Experiment soll jetzt in Hamburg nach einem Teilchen gesucht werden, aus dem die Dunkle Materie bestehen könnte.

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Langer Tunnel mit Metallröhre

Eine Vakuumröhre des ALPS II am DESY

(Bild: DESY, Marta Mayer)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Martin Holland

In Hamburg hat mit dem sogenannten "Licht-durch-die-Wand-Experiment" ALPS II eine der bislang empfindlichsten Suchen nach Teilchen begonnen, aus denen die mysteriöse Dunkle Materie bestehen könnte. Das teilte das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY) mit, wo der Versuch aufgebaut wurde. Nachgewiesen werden sollen damit die sogenannten Axionen, bislang nur hypothetisch beschriebene Teilchen, die extrem schwach mit bekannter Materie reagieren sollen. Wiederverwendet wird für das riesige Experiment Technik des Teilchenbeschleunigers Hera, dem einst größten Forschungsinstrument Deutschlands. Beteiligt sind 30 Forschende von sieben Forschungseinrichtungen in Europa und den USA.

Wie das DESY erklärt, besteht ALPS II (Any Light Particle Search) aus zwei 120 m langen Vakuumrohren. In einer wird hochintensives Laserlicht in einem optischen Resonator hin und her gespiegelt. Sollte ein Lichtteilchen sich dabei, wie in der Theorie postuliert, in ein Axion verwandeln, könnte das eine lichtdichte Wand durchqueren, die diese Röhre von einer fast baugleichen trennt. Wenn es sich dann wieder in Licht zurückverwandelt, könnte es dort nachgewiesen und aus dem Fund auf die zwischenzeitliche Existenz des Axions geschlossen werden. Trotz aller Vorkehrungen sei die Wahrscheinlichkeit dafür, dass das passiert, aber winzig, erklärt das Team. Sie sei so hoch, wie die, gleichzeitig mit 33 Würfeln einen Pasch zu würfeln.

Die Forschungsgruppe versichert, für den Erfolg des Experiments seien die Komponenten "zur Höchstleistung getrieben" worden. Der Lichtdetektor etwa sei so empfindlich, dass er ein einzelnes Photon pro Tag nachweisen kann. Der Abstand der Spiegel wiederum dürfe relativ zur Wellenlänge des Lichts nur um den Bruchteil eines Atomdurchmessers variieren. Die Magnete wiederum erzeugen ein Magnetfeld von 5,3 Tesla. Sie stammen aus dem Protonenring von Hera und wurden extra für das Experiment gerade gebogen. Betrieben werden sie bei einer Temperatur von minus 269 Grad Celsius. In der zweiten Jahreshälfte soll das Experiment die volle Leistungsfähigkeit erreichen, 2024 soll es noch einmal verbessert werden. Erste Veröffentlichungen könnten 2024 erscheinen.

Die Frage nach der Natur der Dunklen Materie gehört gegenwärtig zu den wichtigsten der Grundlagenphysik. Deren Existenz wurde anhand astronomischer Beobachtungen postuliert, bei denen Sternenbewegungen gemessen wurden, die sich mit der bekannten Materie und deren Gravitation nicht ausreichend erklären lassen. Insgesamt sollte es demnach fünfmal mehr Dunkle Materie im Kosmos geben als klassische. Noch mehr entfällt auf die nicht weniger rätselhafte Dunkle Energie. Wenn ALPS II seinen Teil zur Suche nach Axionen beigetragen hat, soll damit ermittelt werden, wie ein Magnetfeld die Ausbreitung von Licht im Vakuum beeinflusst. Auch hochfrequente Gravitationswellen könnten damit künftig gesucht werden, schreibt das DESY noch.

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(mho)