EU-Parlament droht mit Stopp des SWIFT-Abkommens

Parlamentschef Jerzy Buzek fordert mehr Informationen über den Sinn und Zweck der transatlantischen Vereinbarung zur Weitergabe von Bankdaten, während sich Fraktionen wie die der Liberalen und der Grünen querstellen wollen.

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Im EU-Parlament braut sich weiterer Widerstand gegen die vom EU-Rat Ende November beschlossene transatlantische Vereinbarung zur Weitergabe von Bankdaten zusammen. Der Präsident des Abgeordnetenhauses, Jerzy Buzek, hat Ende vergangener Woche der spanischen EU-Ratspräsidentschaft erneut einen Brief geschickt, in dem er mehr Informationen über den Sinn und Zweck der andauernden Auswertung der Überweisungsinformationen des Finanznetzwerks SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) verlangt. Ein Sprecher Buzeks erklärte laut einem Bericht eines Brüsseler Nachrichtendienstes, dass ein im Dezember versandtes erstes Schreiben bislang ohne Antwort geblieben sei.

Parlamentsfraktionen wie die der Liberalen und der Grünen drohen, dem geplanten, in seiner Geltungsdauer bis Ende 2010 beschränkten Interimsabkommen ihre noch erforderliche Zustimmung zu verweigern. Der liberale Fraktionsführer Guy Verhofstadt nannte als Bedingung für eine Zustimmung, dass dem Parlament "voller Zugang zu allen relevanten Dokumenten und Informationen" rund um den Vertrag gewährt werde. Zudem müsse die Verhandlungsposition des Rates für das künftige langfristige Abkommen die Bedenken, die die Abgeordneten in einer Entschließung im September geäußert hätten, vollkommen berücksichtigen.

Die Grünen haben unterdessen für den heutigen Mittwochnachmittag eine Aussprache im Plenum über den Austausch der Bankdaten angesetzt. Davon erhoffen sie sich Klarstellungen von Vertretern des Rates und der EU-Kommission. Nach Ansicht der Oppositionspartei haben die Regierungsvertreter der Mitgliedsstaaten das Interimsabkommen einen Tag vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon und den damit verknüpften Mitbestimmungsrechten des Parlaments "übereilt" festgezurrt. Die Vereinbarung, die eigentlich am 1. Februar in Kraft treten soll, könne nur als "Einbahnstraße" gesehen werden, auf der Überweisungsinformationen aus der EU an die USA weitergegeben werden. Es mangele an grundlegenden Sicherheiten im Bezug auf den Schutz von Daten und deren möglicher Weitergabe an Dritte.

Zuvor hatte der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert den Bundestag und die Bundesregierung aufgefordert, das Abkommen nicht zu ratifizieren und eine nationale Umsetzung zu verhindern. Das Bundeskriminalamt (BKA) kann in der Auswertung der Bankdaten keinen Mehrwert für die Terrorismusbekämpfung erkennen. Max Stadler (FDP), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesjustizministerium, betonte jüngst, dass es "auf keinen Fall es einen unkontrollierten, automatisierten Zugriff auf die Daten von außen geben darf, auch nicht von befreundeten Staaten". Stadlers Parteikollegin Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hatte sich im Herbst im Kabinett mit ihrer Ablehnung der Vereinbarung wegen datenschutzrechtlicher Bedenken nicht durchsetzen können. (anw)