Die Woche: Open Oracle?

Mit der Übernahme von Sun ist Oracle zu einem der größten Open-Source-Anbieter geworden. Richtig wohl scheint sich der Datenbankriese in dieser Rolle aber nicht zu fühlen.

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Jetzt ist die Katze aus dem Sack: Nachdem die Europäische Kommission die Übernahme von Sun durch Oracle genehmigt hat, hat Oracle in einer mehrstündigen Präsentation ausgeführt, was man mit den Sun-Schätzen plant. Open Source, bei Sun noch zentraler Bestandteil der Strategie, spielte in den Plänen allerdings keine besondere Rolle.

In Java, neben der Hardware wohl der größte Aktivposten im Sun-Portfolio, will Oracle kräftig investieren: Die nächste Version 7 der Java Standard Edition soll schnell fertig werden, einfacher und mit einer Reihe weiterer Verbesserungen. Das API der Mobile Edition will Oracle dem API von Java SE angleichen, und irgendwie will man Entwicklern den Schritt von JavaScript nach Java erleichtern. Nicht umsonst nahm Java in den Präsentationen großen Raum ein: Die Rolle von Java in der Softwareentwicklung soll weiter steigen.

Suns freier Application Server Glassfish bleibt Referenz-Implementierung für Java EE 6 und soll als Lösung für kleinere Installationen neben dem "großen" Oracle Weblogic vermarktet werden. Auch die Entwicklungsumgebung NetBeans hat eine Zukunft, neben dem eigenen JDeveloper und Eclipse, zu dessen Weiterentwicklung Oracle weiterhin beitragen möchte. Vielleicht rücken jetzt ja die großen "Java-Lager" – hier Sun, dort Eclipse, und dann auch noch das Java-Universum der Apache Software Foundation – näher zusammen.

Allerdings gab es weder zur Zukunft des Java Community Process noch zum zukünftigen Entwicklungsmodell von Java Konkretes zu hören; und das Wort Open Source fiel auch nicht im Zusammenhang mit Java.

MySQL, das Problemkind, wegen dem die Übernahme monatelang auf der Kippe stand, bleibt so unabhängig, wie es das unter dem Dach von Oracle nur sein kann: Sowohl die alte Entwicklermannschaft als auch das Sales Team bleiben so bestehen, wie sie von Sun kommen. Die freie Datenbank wird der Open Source Business Unit zugeordnet, nicht etwa der Datenbankabteilung. Eine Integration in Oracles Produktpalette ist trotzdem geplant: So soll MySQL kompatibel zu Oracles Enterprise Manager, Secure Backup und der Monitoring-Lösung Audit Vault werden. Insgesamt scheint es, als wolle Oracle Suns MySQL-Geschäft erst einmal unverändert fortführen.

OpenOffice soll ebenfalls in einer unabhängigen Business Unit von dem alten Sun-Team weiterentwickelt werden, und auch hier steht eine Integration mit anderer Oracle-Software an: den Business-Intelligence- und Content-Management-Angeboten nämlich. Das soll die Attraktivität von OpenOffice für Unternehmen erhöhen, ist doch die bessere Integration von MS-Office als Frontend in alle möglichen Unternehmensanwendungen ein großer Vorteil der Microsoft-Bürosuite.

Die freie Community-Version von OpenOffice bleibt erhalten, von StarOffice – Suns kommerzieller OpenOffice-Version – war allerdings nicht die Rede. Dafür erfuhr man, dass Oracle an einem "Cloud Office" arbeitet. Was das genau mit OpenOffice zu tun hat, dazu äußerte sich Chief Corporate Architect Edward Screven nicht.

Anders als MySQL und OpenOffice ist der Desktop-Virtualisierer VirtualBox bereits fest in Oracles Palette an Virtualisierungsprodukten integriert. Zu weiteren Plänen ließ Screven nichts verlauten.

Bleibt noch Solaris. Der zukünftige Fokus liegt ganz klar auf großen SPARC-Servern mit vielen Prozessoren, viel RAM und einer entsprechenden Speicher- und Netzwerkarchitektur drum herum. Solaris für x86 will Oracle nicht aufgeben, aber für kleinere x86-Server hat man ja auch noch den Red-Hat-Klon Unbreakable Linux im Angebot.

SPARC und Solaris für unternehmenskritische Maschinen, x86 und Linux für kleinere Server – das klingt nach einer plausiblen Strategie. Aber ob dabei noch Platz für OpenSolaris bleibt? In der Präsentation der Solaris-Pläne zumindest war von OpenSolaris nicht die Rede.

Dass bei Oracle Open Source nicht so hoch auf der Agenda steht wie bei Sun, zeigt das Schicksal des Projekts Kenai, einer von Sun betriebenen Hosting-Site für Open-Source-Projekte: Die macht nämlich jetzt zu. Genauer gesagt, will Oracle den Dienst nur noch intern für eigene Projekte nutzen. Nicht, dass die Open-Source-Welt ohne Kenai nicht auskommen könnte; aber es zeigt doch deutlich, dass bei Oracle einige Prioritäten anders gesetzt sind. (odi) (odi)