Kernfusion: Bundesregierung will Fusionsforschung auf nächste Stufe heben

Die Bundesregierung zieht ihre Schlüsse aus Empfehlungen von Experten, um bis 2045 einen Fusionsreaktor auf die Beine zu stellen.

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Blick in das Plasmagefäß der Fusionsanlage Wendelstein 7-X. Zur Visualisierung eines Teils des komplexen Magnetfeldes wurde ein Elektronenstrahl längs einer magnetischen Feldlinie in Umlauf gebracht.

(Bild: BMBF)

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Kernfusion ist für die Bundesregierung eine Option für eine saubere, verlässliche und bezahlbare Energieversorgung. Deutschland befinde sich in diesem Bereich in einer "Poleposition", die "ambitioniert, ideologieferei und technologieoffen" genutzt werden sollte, meint Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FPD). Sie wolle zusätzliche Gelder bereitstellen, Unternehmen sollen durch einen neuen regulatorischen Rahmen außerhalb des bisherigen Atomrechts Planungssicherheit geben. Das bisherige Recht passe nicht.

Eine Fusionsexpertengruppe hatte im Auftrag der Ministerin eingeschätzt, ein betriebsfähiges Kernfusions-Kraftwerk sei bis 2045 machbar. In einem nun vorgelegten Positionspapier Fusionsforschung (PDF) hat ihr Ministerium nun Handlungsmöglichkeiten in der Magnet- und in Laserfusionsforschung umrissen, die Grundlage für ein zu erarbeitendes neues Förderprogramm des BMBF bilden sollen. Jetzt sollen Wissenschaft und Unternehmen dazu Stellung nehmen.

Gemeinsam sollen sie nämlich nach dem Willen der Regierung ein Fusionsökosystem aufbauen, um Synergien nutzen zu können. Forschungszentren sollen Hubs bilden, die auch die Industrie für Tests nutzen könnte auf dem Weg, die "bedeutsamste Energiequelle des Universums" zu nutzen, wie es in dem Positionspapier heißt. Sie sei ressourcenschonend, sauber, sicher, grundlastfähig und bezahlbar.

Es sei nicht mit Sicherheit abzusehen, ob sich die Magnetfusion oder die Trägheitsfusion durchsetzen wird, meint das Forschungsministerium. Deutschland habe bislang den Schwerpunkt auf die Magnetfusion gelegt. Die aktuellen Fortschritte in der Fusionsforschung veranlassten aber zu einer systematischen Neubewertung der Lage.

Ende vorigen Jahres war es dem Lawrence Livermore National Lab in Kalifornien erstmals gelungen, eine Kernfusion zu erzeugen und dabei mehr Energie freizusetzen, als in Form von Laserlicht hineingesteckt wurde. Dort wird an der Trägheitsfusion gearbeitet, anders, als es am International Thermonuclear Experimental Reactor (ITER) geplant ist, der zurzeit gebaut wird, um die Magnetfusion zu erforschen. Dazu hatte das US-Magazin Scientific American berichtet, aus internen Dokumenten gehe hervor, dass sich ITER weiter verzögere und höhere Ausgaben erfordere.

Zur Trägheits- oder Laserfusionsforschung gebe es in Deutschland momentan wenige Aktivitäten, aber einige Forschungsansätze in der Helmholtz-, Max-Planck- und der Fraunhofer-Gesellschaft, schreibt das Forschungsministerium. Zudem gebe es deutsche Unternehmen, die weltführend in der Herstellung der Targets und in der Entwicklung opti­scher Materialien und Komponenten der Lasersysteme seien. "Deutschland in relevanten Technologiezweigen und benötigten Systemkomponenten (Lasertechnik, optische Komponenten, spezialisierte Sensorik) zu den führenden Nationen. Daraus ergeben sich Chancen für die Laserfusion in Deutschland", heißt es in dem Positionspapier. Durch ein neues Förderprogramm sollen die vorhandenen Standortvorteile erhalten und ausgebaut werden. Die Bundesregierung nennt das "Stärken stärken".

(anw)