Aktionäre werfen Infineon-Vorstand Selbstbedienung vor
Aktionärsschützer warfen dem Infineon-Management wegen des üppigen Aktienoptionsprogramms Selbstbedienung vor. Trotz der Kritik wurden Vorstand und Aufsichtsrat mit nur wenigen Gegenstimmen entlastet.
Die Aktionäre haben angesichts jahrelanger Verluste dem Infineon-Vorstand wegen seines üppigen Aktienoptionsprogramms Selbstbedienung vorgeworfen. "Das ist grob instinktlos", sagte Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) am Dienstag auf der Hauptversammlung in München. Optionsprogramme seien grundsätzlich in Ordnung. Bei Infineon müsse der Aktienkurs über sieben Jahre aber nur um insgesamt 5 Prozent steigen, damit der Vorstand in den Genuss der Optionen komme. Dies sei eine einzigartig niedrige Ausübungshürde. Auch die Fondsgesellschaft Union Investment und Kleinaktionäre bescheinigten dem Vorstand "eine gewisse Selbstbedienung".
Aufsichtsrats-Chef Max Dietrich Kley verteidigte das Optionsprogramm. "Der Vorstand hat Außerordentliches geleistet", sagte er. Die Verringerung von Verlusten in schwierigen Zeiten sei auch eine unternehmerische Leistung, sagte Kley am Dienstag auf der Hauptversammlung in München. Das gesamte Vergütungssystem für die Führungskräfte werde aber derzeit auch mit Hilfe externer Beratung auf den Prüfstand gestellt. Trotz der Kritik wurden Vorstand und Aufsichtsrat mit nur wenigen Gegenstimmen entlastet. Bei der Entlastung des Aufsichtsrates enthielten sich aber mehr als 11 Prozent, was bei Hauptversammlungen sehr ungewöhnlich ist.
Infineon hatte in den vergangenen drei Jahren drastische Verluste gemacht. Angesichts dieser Ertragslage ist die Vergabe von 750.000 Optionen an den Vorstand nach Einschätzung vieler Aktionäre verwerflich. "Man holt etwas aus dem Unternehmen heraus und hofft, dass die Aktionäre das schweigend dulden", sagte Willi Bender von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) vor rund 2600 Aktionären. Der Vorstand solle nur von solchen Programmen profitieren, wenn sich der Gewinn erhöhe und die Aktie deutlich zulege.
Infineon-Chef Ulrich Schumacher meinte: "Ich weiß, dass unsere Anteilseigner einige Enttäuschungen verkraften mussten." Die bisher schwerste Halbleiter-Krise sei aber mittlerweile überwunden. Daher kündigte er für 2003/04 wieder schwarze Zahlen an. Im ersten Quartal 2003/04 hatte das Unternehmen zumindest wieder einen kleinen Gewinn von 34 Millionen Euro erzielt. Analystenschätzungen eines Infineon-Gewinns vor Zinsen und Steuern in Höhe von 324 Millionen Euro für das Gesamtjahr nannte Schumacher realistisch. Erreichen will Schumacher die schwarzen Zahlen mit Hilfe einer Verschärfung des Sparkurses. "Wir wollen in diesem Jahr unsere Kosten nochmals um über 500 Millionen Euro verringern." Im Rahmen des Programms "Impact 2" soll auch die Auslagerung weiterer Konzernfunktionen geprüft werden. Für die Branche ist Schumacher für 2004 optimistisch. "Wir rechnen damit, dass das Marktvolumen weltweit um etwa 20 Prozent zulegen wird", sagte er.
Einige Redner bezweifelten, dass die Probleme von Infineon in den vergangenen Jahren nur auf die Branchenlage zurückzuführen sind. "Die enttäuschende Kursentwicklung muss sich das Top-Management zurechnen lassen", sagte Fondsmanager Andre Köttner von Union Investment. Auch er kritisierte das Optionsprogramm. "Das ist ein Schlag in das Gesicht der Aktionäre, die in den letzten drei Jahren jeweils ein Drittel ihres in Infineon-Aktien angelegten Vermögens einbüßten", sagte er. (dpa) / (jk)