ACTA-Partner lassen sich weiter nicht in die Karten gucken

Setzen die Verhandlungspartner mit dem geplanten Anti-Piraterie-Abkommen ACTA ein Three-Strikes-Regime durch die Hintertür durch? Nur im Einklang mit geltendem europäischen Recht, heißt es zur Beruhigung aus Brüssel.

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Von
  • Monika Ermert

Internetsperren sind als Mittel gegen Urheberrechtsverletzungen mit dem EU-Recht vereinbar, solange sie in rechtsstaatliche Verfahren eingebettet werden. Das sagte ein EU-Unterhändler kurz nach der siebten Verhandlungsrunde zum umstrittenen Anti-Piraterie-Abkommen ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) gegenüber heise online. Bei möglichen Regelungen zur "abgestuften Erwiderung" auf mutmaßliche Urheberrechtsverletzungen durch Internetnutzer sei im Telecom-Paket der EU sehr viel Wert darauf gelegt worden, den Betroffenen "rechtliches Gehör" zu verschaffen.

Gleichzeitig erlaube die Richtlinie auch unterschiedliche Auslegungen in den Mitgliedsstaaten, erklärte der EU-Vertreter weiter. Manche Länder setzten auf "Three-Strikes"-Regelungen – die im Wiederholungsfall Internetsperren bedeuten können –, andere verzichteten darauf. Daran werde ACTA nichts ändern, versicherte der Kommissionsexperte.

Die Möglichkeit, dass den Vertragspartnern eine Sperr-Regelung über das Handelsabkommen diktiert werden könne, nannte der EU-Unterhändler "theoretisch". EU-Kommission und EU-Ratspräsidentschaft seien überdies geltendem EU-Recht verpflichtet, betonte er. Allerdings war in diesem Zusammenhang auch schon von einer "Speziallösung" die Rede, wie ACTA abgeschlossen werden könne, ohne vorher strafrechtliche Regelungen in der Gemeinschaft harmonisieren zu müssen.

Die Bundesregierung hatte sich wiederholt gegen Internetsperren ausgesprochen. Zu anhaltenden Berichten über mögliche Geld- und Gefängnisstrafen für Filesharer sagte der Kommissionsvertreter, hier gebe es eine klare EU-Linie, die strafrechtliche Maßnahmen nur für Verstöße in "kommerziellem Ausmaß" vorsehe. Wie das genau zu definieren ist, darin gehen die Meinungen der Experten allerdings auseinander.

Offiziell hatten die ACTA-Partnerländer nach ihrer Verhandlungswoche in Mexiko mit einer dürftigen Mitteilung keine der in der Öffentlichkeit immer lauter gestellten kritischen Fragen zu dem geplanten Abkommen beantwortet.

In den kommenden Wochen würden die Verhandlungspartner eine neue Zusammenfassung zu Kernelementen von ACTA veröffentlichen, versprach der Kommissionsvertreter. Darüber könne dann auch erneut mit Verbänden und Interessengruppen in Brüssel gesprochen werden. Die Veröffentlichung der hinter verschlossenen Türen diskutierten Textentwürfe zu allen ACTA-Kapiteln schloss der EU-Mann vorerst aus. Es gebe noch viel Arbeit für die Unterhändler. Schließlich habe das "schwierige Thema" Internet im Mexiko erst zum zweiten Mal auf der Tagesordnung gestanden.

Unterdessen wird im EU-Parlament eine Anhörung zu ACTA vorbereitet, sagte Alexander Alvaro (Liberale) gegenüber heise online. Das Parlament wolle von den angehenden Kommissaren in Brüssel während deren Anhörungen genau wissen wissen, wie es künftig an den Verhandlungen beteiligt werden soll. Fraglich ist, ob sich das Parlament damit zufrieden gibt, einen fertig unterzeichneten Text präsentiert zu bekommen und diesen absegnen zu dürfen. (vbr)