Drohbriefe an Software-Kunden

Wer Software kauft, muß ein potentieller Raubkopierer sein.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Christian Persson

Wer Software kauft, muß ein potentieller Raubkopierer sein. Dies ist offenbar das Motto einer Aktion, der sich rund 10000 Firmen in Deutschland derzeit ausgesetzt sehen. Sie begann Ende April mit persönlichen Briefen an die Geschäftsführer: "Wollen Sie sich diese Aussicht ersparen?" fragt der Absender. Darunter das Foto einer Gefängnismauer mit vergitterten Fenstern.

Das Delikt der meisten Adressaten: Sie haben Software gekauft und ordnungsgemäß registrieren lassen. Absender der Drohbriefe ist die Business Software Alliance (BSA), eine Vereinigung zur Bekämpfung von Software-Piraterie.

Hinter der Allianz mit den rüden Manieren steckt Microsoft im Verein mit Adobe, Autodesk, Bentley, Intergraph, Novell, SCO und Symantec. Sie hätten für diese Aktion Adressen ihrer Kunden beigesteuert, gab Sabine Lobmeier, Microsoft-Beauftragte für Software-Piraterie, auf Anfrage von c't ganz unverblümt zu. Das bestätigte auch ein Sprecher von Novell. Symantec versicherte dagegen, keine Adressen geliefert zu haben. Stellungnahmen der anderen BSA-Mitglieder waren noch nicht zu erhalten.

Die BSA rühmt sich in ihrem Brief, "einen großen rechtlichen Erfolg errungen" zu haben: "Jetzt sind auch in Deutschland zivile Durchsuchungen ohne Vorankündigung möglich." Weiter heißt es: "Vor diesem Hintergrund hat sich die BSA entschlossen, verstärkt Aktionen gegen Unternehmen durchzuführen." Die Betroffenen werden aufgefordert, die in ihren Betrieben eingesetzte Software mit einem BSA-Programm zu inventarisieren.

Wer darauf nicht reagiert hat, wird jetzt noch stärker unter Druck gesetzt. Per Einschreiben flattert ihm in diesen Tagen ein inquisitorischer Fragebogen ins Haus: "Wer entscheidet in Ihrem Unternehmen über den Kauf von Software?" ... "Wer ist der Verantwortliche für die Softwareverwaltung?" ... "Wieviele PCs werden in Ihrem Unternehmen eingesetzt?" ... "Welche Softwareprogramme sind in welcher Anzahl installiert?" ... und so weiter. Beigefügt ist das Inventarisierungsprogramm der BSA. Für die Rücksendung des Fragebogens wird ein Termin gesetzt: "Falls wir bis zum 9. Juni nichts von Ihnen gehört haben, werden wir uns nochmals mit Ihnen in Verbindung setzen."

Viele Betroffene sind empört. "Die Art und Weise, wie hier Computerbenutzer pauschal kriminalisiert werden, halte ich für eine Frechheit," schrieb der Geschäftsführer einer Betonbau-Firma an c't. Firmen, die ihre Kunden so belästigten, seien "als Geschäftspartner indiskutabel". Die Konsequenz werde sein, "daß wir soweit möglich die Produkte der BSA-Mitglieder meiden und auf Konkurrenzfirmen ausweichen werden".

Ein Informatiklehrer, dessen Schule ebenfalls einen Drohbrief erhalten hat, vermutete anscheinend eine betrügerische Absicht und fragte verunsichert bei der Redaktion nach: "Kennen Sie die Firma Business Software Alliance? Daß sich in diesem Bereich schwarze Schafe tummeln, weiß ich aus Veröffentlichungen in der c't." Er wolle nun beim zuständigen Schulamt juristischen Rat einholen.

Bei Microsoft indessen fühlt man sich sowohl juristisch als auch moralisch auf der richtigen Seite. Im adressierten Marktsegment seien die Schäden durch Software-Klau am größten, sagte Sabine Lobmeier. Gegen die Aktion habe man keinerlei Bedenken. Wer keine Raubkopien einsetze, habe ohnehin nichts zu befürchten. (cp)