Die Vertrauensbrecher

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Gerald Himmelein

Die Vertrauensbrecher

Seit dem Erscheinen des Service Pack 2 für Windows XP lautete unsere Position stets: Ein reiner Virenscanner reicht aus; die ins System integrierte Firewall deckt alle grundlegenden Schutzansprüche ab.

Stichproben und Leserbriefe bestätigten Vermutungen, dass mehr Geld nicht gezwungenermaßen zusätzliche Sicherheit erkauft. Skurrile Einzelfälle animierten schließlich zu weiteren Nachforschungen. Was unser umfassender Test der führenden Internet-Security-Komplettpakete zu Tage förderte, hat dann dennoch überrascht.

Schließlich hatten die Hersteller aller Testkandidaten zuvor mit ihren Antivirenprodukten unter Beweis gestellt, dass sie vor Malware schützen können. Immer stand dabei die Behauptung im Raum, dass die "großen Brüder" das noch viel besser können. Auf dem Papier klingt das ja auch logisch: Wer lückenlos alle Pforten bewacht, kann Bedrohungen früher und effektiver abblocken als ein reines AV-Programm.

Umso niederschmetternder, dass keines der Programme dem Anspruch gerecht wird, besser zu sein als das, was Windows und Mail-Clients eh schon bereitstellen. Die Firewalls lassen entweder zu wenig durchgehen oder schalten ohne Warnung auf Durchzug. Die Spam-Filter erzwingen ungesicherte Verbindungen - "Lass Deinen Schild runter, damit wir dich schützen können." Die Whitelists richten sich nach leicht fälschbaren Absenderadressen. Den Kinderfiltern geht die Zielgruppe mit einem Tastendruck spurenlos aus dem Weg.

Einerseits bläut die Security-Branche ihrer Kundschaft ständig ein, wie unsicher das Internet ist und dass man ohne ihre Produkte aufgeschmissen wäre. Andererseits entpuppen sich die Suiten bei näherem Hinsehen als Pappkameraden, die bei IPv6 ein Auge zudrücken oder bei SSL-Verschlüsselung das Handtuch werfen.

Erschreckend, was die Hersteller ihren Kunden als Sicherheit verkaufen. Der Avira-Schirm zeigt gravierende Löcher, BitDefender meldet neue Programmversionen als veraltet, G Data zwingt den PC zur Vollbremsung, Kaspersky lässt den ganzen Netzverkehr blockieren und Papa Norton lässt seinen Kindern viel zu viel durchgehen. Der versprochene Rundumschutz findet nicht statt.

Notgedrungen revidieren wir somit unsere Position: Ein reiner Virenscanner reicht nicht nur aus. Man sollte ihn gegenüber einer Security-Suite sogar unbedingt vorziehen. Die kaschiert nur mit viel Brimborium, dass sie ihre nichtsahnenden Anwender unnötigen Risiken aussetzt. (ghi)