Der Goopple-Krieg oder das Versagen der Anderen
Apple und Google wachsen zu Dominatoren heran. Das mag man bedauern. Doch solange viele andere Riesen - auch und gerade japanische - nur digitale Zumutungen anstelle von bedienerfreundlichen Produkten entwickeln, wird die Macht der beiden weiter wachsen.
- Martin Kölling
Lange tobte in der Welt der Computer ein kalter Krieg zwischen Apple und Microsoft. Nun dräut ein neuer Konflikt zwischen Apple und Google. Seit der Erfindung von iTunes dringt Apples in Googles Internet-Reich ein. Jetzt schlagen die Suchmaschinisten erst mit eigenen Betriebssystemen für Handy, Computer und vielleicht Tablet-PCs zurück – und über das "Nexus One" nun sogar mit Hardware.
Apple-Chef Steve Jobs fasste das Google-Handy am 31. Januar als Kriegserklärung auf: "We did not enter the search business. They entered the phone business. Make no mistake they want to kill the iPhone. We won't let them", soll er seinen Angestellten gesagt haben. Ich mag so recht keiner Seite die Daumen drücken, denn richtige Helden gibt es in dem Kampf für mich nicht.
Apple will mich – trotz einiger Zugeständnisse – am liebsten wie dereinst Sony in seine kleine, digitale Welt einsperren: Du sollst keine anderen Marken haben neben mir. Das bestätigt mir beispielsweise das Fehlen eines SD-Karteneinschubs beim iPad. Google entpuppt sich unterdessen mehr und mehr als Datenkrake. Mein Problem ist nur, dass ich nicht viele ernste Alternativen habe zu beiden Konzernen. Die anderen Hard- und Software-Hersteller haben es schlicht nicht geschafft, Produkte zu entwickeln, die so einfach zu bedienen, so schick und so nützlich sind wie die aus dem Goopple-Universum.
Das jüngste Frustrationserlebnis hatte ich auf einer Produktpräsentation Fujitsus im Januar. Stolz zog der Sprecher den vermeintlichen Star der Show aus der Brusttasche seines Jackets: das Loox U, ein unter 500 Gramm wiegendes Subnetbook mit Windows 7, Touchscreen und Tastatur "für Arbeit und Vergnügen unterwegs". Meine Vorfreude wuchs während der Präsentation, weil der Herr betonte, dass seine Firma "human centric design" (O-Ton) wirklich ernst nehme.
Toll, dachte ich, Fujitsu hat ja auch das am meisten verkaufte Raku-Raku-Phone Japans entwickelt. Raku-Raku-Phones sind Handys, die dank simpler Benutzeroberflächen und größeren Tasten und Schriftzeichen einfacher zu bedienen und populär unter Menschen über 50 sind. Auch vereinfachte PC-Interfaces für Computer-Analphabeten hatte das Unternehmen bereits gestaltet. Dann haben sie ja vielleicht endlich auch einen hübschen Mini-Taschencomputer auf Lager, dachte ich mir.
Umso größer war meine Enttäuschung, als ich das Produkt in der Hand hielt. Was hilft's, wenn die Ingenieure die technische Meisterleistung vollbringen, das Ding leichter als eine 0,5-Liter-Wasserflasche zu machen, aber dafür nicht genügend Gedankenschmalz, Zeit und Geld in die Bedienbarkeit investieren? Der Mini ist für meinen Geschmack ein hervorragendes Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte.
Denn die Entwickler haben einfach den Computer geschrumpft, ohne wenigstens die Bedienoberflächen der für 10-Zoll-plus-Bildschirme entworfenen Programme an das 5,6-Zoll-LCD anzupassen. Dadurch sind beispielsweise die Schaltflächen des Office-Programms so klein, dass sie mit den Fingern kaum zu bedienen sind. Und den Mouse-Zeiger per Trackball auf sie zu lenken, ist erst recht ein reichlich unerquickliches Geschicklichkeitsspiel. Ein anderer Minirechner vom Rivalen Sharp bietet ebenso Augenpulver.
Das i-Tüpfelchen der Unbedienbarkeit: Im Vollbildmodus hilft bei der Fingerbedienung des Fujitsu auch nicht einmal viel Geduld, weil der Touchscreen an seinem Rand blinde Flecken hat, in denen ausgerechnet die Schaltflächen liegen. Und dann sind die USB-Anschlüsse auch noch an der Front anbracht, also just da, wo beim Tippen die Handballen bleiben sollen...
Wahnsinnig bequem. Unwillkürlich habe ich mich nach meinem Psion-Westentaschencomputer zurückgesehnt, der eine vollwertige, nichtschwammige Tastatur, sofortiges Booten und auf die Größe und Leistungsfähigkeit angepasste Schaltleisten und Programme geboten hat – in den 1990er Jahren. Liebe Entwickler, die meisten Menschen brauchen für Bonsai-Rechner kein vollwertiges Office-Paket. Sondern hübsch gestaltete, von mir aus hauseigenen, abgespeckten Progrämmchen, die etwas mehr bietet als die für meinen Geschmack doch zu rudimentäre Mobile Office-Lösung von Microsoft.
Doch solange die meisten Firmen nicht wirklich auf die tiefer liegenden Kundenwünsche achten, ist es für mich kein Wunder, dass die Menschen zu den wenigen Unternehmen streben, die es tun. Und mögen sie wie ich bei meiner Nutzung von Google dabei auch Bauchschmerzen empfinden (ich mach's, weil der hohe Nutzen die Datenschutzbedenken für mich noch überwiegt). Im Angesicht der jüngsten Entwicklungen stellt sich mir allerdings vermehrt die Frage, ob es auch eine Akzeptanzgrenze gibt, nach deren Überschreiten Abwehrreaktionen bis hin zur Fahnenflucht folgen.
Apples iPad beispielsweise zog wegen seiner Beschränkungen bereits heftige Kritik auf sich. Und in meinem Augen überspannt Google mit seinem neuen Dienst Buzz, der nun auch noch soziale Netzwerk-Funktionen in Google Mail einbeziehen will, den Bogen. Ich für meinen Teil will mein digitales Leben nicht in die Hand eines Unternehmens legen.
(bsc)