Aktionsplan: Forschungsministerium strebt technologische Souveränität bei KI an

Ministerin Stark-Watzinger will dem deutschen KI-Ökosystem neue Impulse geben und dafür 1,6 Milliarden Euro investieren. Firmen rufen nach mehr Trainingsdaten.

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Frau erklärt Forschungsvisualisierung

(Bild: Gorodenkoff/ Shutterstock.com)

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Der Staat soll künftig Werkzeuge, Kompetenzen und Infrastrukturen rund um Künstliche Intelligenz (KI) als "Teil der Grundversorgung" bereitstellen. Dafür setzt sich Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger in ihrem KI-Aktionsplan ein, den die FDP-Politikerin am Mittwoch in Berlin vorgestellt hat. "Wir wollen technologische Souveränität bei KI erreichen", heißt es in dem Papier. Ziel sei es, dass Deutschland und Europa in einer von der Schlüsseltechnologie angetriebenen Welt "eine Spitzenposition einnehmen können". Dazu will das Forschungsressort in den nächsten zwei Jahren über 1,6 Milliarden Euro investieren. Allein 2023 sollen 427 und im Folgejahr 483 Millionen Euro fließen, während es 2022 280 und 2017 erst 17,4 Millionen waren.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sieht den Plan als Update seines Beitrags zur übergeordneten KI-Strategie der Bundesregierung, die diese ebenfalls noch überarbeiten will. Die einschlägige Basis Deutschlands bei Forschung und Kompetenzen will Stark-Watzinger dazu im europäischen Rahmen "in sicht- und messbare wirtschaftliche Erfolge und einen konkreten spürbaren Nutzen für die Gesellschaft umsetzen". Neue Impulse erhofft sie sich etwa von einer starken KI-Fachkräftebasis mit den sechs Kompetenzzentren und 150 zusätzlichen Professuren als Keimzelle. Dazu kommen sollen etwa Initiativen für Nachwuchswissenschaftler und Forschende im Bereich E-Health.

"Wir bauen die Recheninfrastrukturen aus und schaffen Zugänge" für Wissenschaftler sowie Unternehmen inklusive Start-ups, verspricht das BMBF. Die Nutzbarkeit von Daten, die vor allem fürs Training von Algorithmen nötig sind, soll etwa mit dem Forschungsdatengesetz oder der nationalen Forschungsdateninfrastruktur verbessert werden. Als Schwerpunkte für greifbare Anwendungen nennt das Ressort Industrie 4.0, Robotik, den Gesundheitsbereich und die Bildung. Zudem sollen die Rahmenbedingungen für KI-basierte Ausgründungen mit technologischer Ausrichtung ("Deep Tech") günstiger werden. Um die Potenziale von Künstlicher Intelligenz in der Verwaltung zu heben, will das Ministerium noch in diesem Jahr "pilothaft die Nutzung von generativer KI" stärken. Auf diesem Feld sorgen vor allem Bots wie ChatGPT für Schlagzeilen.

Zu den bereits 50 laufenden BMBF-Maßnahmen zu KI sollen 20 weitere dazukommen. Dabei geht es dem Plan nach etwa darum, Forscher in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) stärker für Arbeiten an der Schnittstelle von IT und Medizin beziehungsweise Lebenswissenschaften "zu begeistern". Die Supercomputing-Infrastruktur für Wissenschaft und Forschung soll ausgebaut werden. Vorgesehen ist auch die Förderung neuer Forschungsansätze im Bereich flexibler, resilienter, effizienter und sicherer KI sowie zu Basismodellen. Entstehen soll ein Forschungsnetz im Bereich "neurobiologisch inspirierte KI". Als Instrument soll die Technik etwa in der Material-, zivilen Sicherheits-, physikalischen Grundlagen- und Klimaforschung mehr verwendet werden.

Aus der Wirtschaft kommen fordernde bis skeptische Stimmen. "Ohne aktives Handeln aller Parteien wird Europa den dominierenden Plattformen aus den USA und zunehmend aus China nichts Vergleichbares entgegenstellen können", befürchtet Jan Oetjen, Chef von GMX und Web.de. Nötig seien eine Reform der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), offene Standards und Schnelligkeit. Ein eigenes KI-Ökosystem nach europäischen Werten werde nur entstehen, wenn Unternehmen sich "auch der wertschöpfenden Datennutzung verpflichtet" fühlten. "Es genügt nicht, einzelne Leuchttürme und beeindruckend starke KI-Startups in Deutschland zu haben", betonte der IT-Verband Bitkom. Es handle sich um eine Querschnitttechnologie und die müsse in die Breite der gesamten Wirtschaft gelangen. Der Transfer von Erkenntnissen aus der Wissenschaft stelle hier noch eine große Schwachstelle dar.

(mho)