Nein zu SWIFT-Abkommen: "Ein guter Tag für den Datenschutz" [Update]

Nach dem Nein des EU-Parlaments zur transatlantischen Übergangsvereinbarung für die Weitergabe von Bankdaten ist von einer "einer neuer neuen Ära der Europapolitik" die Rede. Die USA dagegen sind verärgert.

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Das Nein des EU-Parlaments zur transatlantischen Übergangsvereinbarung für die Weitergabe von Bankdaten wird in Deutschland überwiegend positiv aufgenommen. Glückwünsche erhielten die Abgeordneten etwa vom Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar. Er freute sich, dass die Volksvertreter "trotz erheblicher Widerstände standhaft geblieben" seien, und sprach von einem "guten Tag für den Datenschutz". Das Abkommen hätte den US-Behörden auch Transaktionsinformationen von Kontoinhabern zugänglich gemacht, "bei denen kein strafrechtlicher Anfangsverdacht besteht".

Die USA zeigten sich enttäuscht. "Die Abstimmung ist ein Rückschlag für den gemeinsamen Terrorkampf von USA und EU", erklärte die US-Botschaft in Brüssel. Das auf den Datenströmen des Finanzdienstleisters SWIFT aufbauende Terrorist Finance Tracking Program habe erheblich zur gemeinsamen Bekämpfung des Terrorismus beigetragen. Auch das Bundesinnenministerium hat das Votum bedauert. Das Interimsabkommen sei zwar aus deutscher Sicht nicht in jeder Hinsicht befriedigend gewesen; eine Situation ohne EU-weite Vereinbarung sei aber noch schlechter.

Wie es nun weiter geht, hängt auch von SWIFT selbst ab. Der Dienstleister, der die Übergabe der Daten bis zur Abstimmung unter Verweis auf die unklare Rechtslage zunächst ausgesetzt hatte, hat sich noch nicht zum weiteren Vorgehen geäußert. Zuvor hatte es Branchenkreisen zufolge geheißen, SWIFT wolle den Parlamentsbeschluss respektieren. [Update: Das Unternehmen hat inzwischen erklärt, dass es sich stets an die Gesetze der Länder, in denen es tätig ist, gehalten habe und dies auch in Zukunft tun werde. Der Schutz der Kundendaten sei und bleibe für SWIFT zentraler Bestandteil des geschäftlichen Handelns. Für den Ausnahmefall einer rechtlichen Anforderung von Daten, die in einem der beiden europäischen Rechenzentren des Unternehmens gespeichert seien, gälten nationale Rechtshilfeabkommen der EU-Mitgliedsstaaten und der Schweiz.]

Ernst Strasser von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) erwartet von EU-Rat und EU-Kommission jetzt "die unverzügliche Vorlage eines Verhandlungsmandats" für das geplante langfristige Abkommen. Dieses müsse alle Forderungen des Parlaments aus der Entschließung vom September berücksichtigen. Die Ablehnung der Übergangsbestimmung sei nötig gewesen, da diese Eingaben der Volksvertreter nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Eine neue Übereinkunft müsse europäische Bürgerrechte und Datenschutzregeln einhalten und "Europa mit den USA auf die gleiche Ebene stellen".

Der liberale EU-Abgeordnete Alexander Alvaro unterstrich, dass "ab sofort von einer neuer neuen Ära der Europapolitik gesprochen werden kann". Die FDP-Bundestagsfraktion begrüßte ebenfalls die "eindeutige Entscheidung" aus Straßburg. Bei der Terrorismusbekämpfung müsse ein gemeinsamer Nenner gefunden werden, um Freiheit und Sicherheit in Einklang zu bringen. Zuvor hatte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger nicht verhindern können, dass der Rat den Interimsvertrag zunächst beschloss. Die FDP-Politikerin freute sich nun, dass das Parlament "diese falsche Weichenstellung korrigiert" habe. Die Entscheidung sei eine "hohe Messlatte für den Datenschutz in Europa, auch für die Bundesregierung".

Der EVP-Abgeordnete Simon Busuttil bedauerte die Ablehnung. Die Sicherheit der Bürger müsse mit raschen Neuverhandlungen wieder hergestellt werden. Einen "Sieg für den Schutz der Bürgerechte" bejubelte dagegen die EU-Parlamentariern Brigit Sippel im Namen der sozialdemokratischen Fraktion. Der Kampf gegen den Terrorismus sei eine Priorität, aber die Abgeordneten hätten nicht zulassen dürfen, "dass die EU fundamentale Grundrechte aushebelt". Laut dem Innenexperten der Grünen im EU-Parlament, Jan Philipp Albrecht, haben die Volksvertreter gezeigt, dass sie ihrer "neuen Verantwortung als souveräner Gesetzgeber auch im Sicherheitsbereich gerecht" würden. Die Ablehnung der Bankdatenweitergabe stelle "eine Kehrtwende für Demokratie und Grundrechte in der EU dar". (vbr)