Sommerferienende: Schülerschaft will einheitliche Digitalstandards

Auch die letzten Bundesländer beenden nun ihre Sommerferien. Schüler- und Elternvertreter bemängeln weiterhin die oft immer noch dürftige Internetversorgung.

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(Bild: SHARKstock/Shutterstock.com)

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Mit Baden-Württemberg und Bayern starten nun auch die letzten Bundesländer ins neue Schuljahr. Der Schülerbeirat in Baden-Württemberg fordert anlässlich des Schuljahresbeginns einheitliche technische Standards für die Schulen. Auch Schülerinnen und Schüler aus anderen Bundesländern bemängelten in den vergangenen Wochen die unterschiedlichen Bedingungen an Schulen.

"Es kann nicht sein, dass Schüler nach den Ferien in ein Klassenzimmer reinkommen, in dem noch ein Tageslichtprojektor steht", sagte demnach der Vorsitzende der baden-württembergischen Schülervertretung, Berat Gürbüz, der dpa in Stuttgart. Aus Sicht der Schülervertreter hapert es an vielen Stellen in den Schulen.

"Wenn es die Schulen nicht hinbekommen, sich digital auszustatten, sollte es keinem verwehrt werden, sein privates Gerät mitzubringen und auch in der Schule zu nutzen", sagte Gürbüz. Damit Schüler mit Bring Your Own Device (BYOD) den technischen Standard in den Schulen heben können, brauche es aber auch ein funktionierendes WLAN. Gürbüz stellt fest: "An vielen Schulen ist die Infrastruktur nicht da."

Auch in Rheinland-Pfalz wurden zum Schuljahresbeginn Anfang September Mängellisten zur technischen Ausstattung herausgegeben. So gebe es schlechte oder fehlende WLAN-Netze, zu wenig technische Hilfe in den Schulen und nicht ausreichend fitte Lehrkräfte. "Wir haben WLAN in unseren Schulen, aber ehrlich gesagt, es ist oft ein Glücksspiel", klagte Landesschülervertreter Pascal Groothuis in der vergangenen Woche.

In manchen Schulen gebe es eine akzeptable Internetanbindung mit 100 Megabit pro Sekunde. "Anderswo ist das WLAN so schnell wie eine Schnecke im Winterschlaf." Wenn zu viele Schülerinnen und Schüler gleichzeitig online seien, breche die Verbindung ab. "Es ist an der Zeit, unsere WLAN-Infrastruktur in den Schulen auf das Niveau des 21. Jahrhunderts zu bringen."

Auch die Ausstattung mit Endgeräten sei nicht zufriedenstellend. Zwar gäben einige Schulen Tablets an die Schülerschaft heraus, diese seien aber oftmals zu langsam. Die meisten Jugendlichen in der Oberstufe benutzen ihre eigenen Geräte. Auch Whiteboards und digitale Tafeln gebe es an manchen Schulen, Lehrkräfte kämpften aber trotz angebotener Schulungen immer noch damit. Groothuis forderte: "Es ist an der Zeit, dass wir sicherstellen, dass Lehrerinnen und Lehrer nicht länger völlig verzweifelt vor dieser Technologie stehen, sondern sie effektiv nutzen können."

Laut der Landeselternsprecherin von Rheinland-Pfalz, Kirsten Hillert, läge an vielen Schulen bereits ein Glasfaserschluss, allerdings ziehe sich der Ausbau dann nicht entsprechend in den Schulgebäuden fort. Auch WLAN funktioniere oftmals nur in bestimmten Räumen in der Schule. Die Ausstattung der Schulen mit Smartboards, Laptops und Tablets sei besser geworden, aber noch nicht ausreichend, erklärte sie. Deshalb wäre eine Neuauflage des Digitalpakts Schule sehr wichtig. Bezüglich der Lehrkräfte machte sie klar, dass viele noch nicht genau wüssten, wie sie die Digitalisierung in ihren Unterricht integrieren sollten. In diesem Bezug brauche es mehr Schulungen.

Wie schon in Rheinland-Pfalz wurden auch im Saarland zum Schuljahresbeginn Anfang September die großen Unterschiede bei der WLAN-Ausstattung bemängelt. Manche Schulen hätten ein vollständiges und leistungsfähiges Netz, bei anderen sehe es laut Gesamtlandeselternvertretungen schlecht aus. Laut der Vertretung fehle zudem "das pädagogische Gesamtkonzept, um [...] Geräte und die Lehrinhalte gewinnbringend im Unterricht einzusetzen".

Die Landeselternvertretung (LEV) im Saarland sehe, dass das Vertrauen "in eine sinnhafte Umsetzung der digitalen Medien in den Schulen bei den Eltern und den Erziehungsberechtigten schwindet". Träger und Landkreise bis hin zur Schulebene entschieden und organisierten völlig unterschiedliche Umsetzungen und Nutzungen. "Wo ist der rote Faden in der Digitalisierung im Saarland?", fragte die Vorsitzende des LEV Gymnasium Saarland, Katja Oltmanns, laut dpa.

Zu den Internetanschlüssen an Schulen in Bayern sind keine genauen Zahlen zu finden. Während Kultusminister Michael Piazolo im April dieses Jahres etwa behauptete, dass demnächst "rechnerisch jedes Klassenzimmer ein digitales Klassenzimmer" sei, zogen das die Grünen in der Opposition in Zweifel. Piazolo erklärte: "Rechne man WLan und Lan zusammen, liege die Versorgung mit schnellem Internet bei fast 99 Prozent". Max Deisenhofer, Sprecher für digitale Bildung der Grünen-Landtagsfraktion, setzte laut BR24 entgegen, dass der Internetanschluss der Schulen oft nicht für gleichzeitiges digitales Arbeiten in mehreren Klassenzimmern reiche.

Wie die Augsburger Allgemeine in der vergangenen Woche berichtete, habe eine Anfrage der Grünen im Landtag erst jüngst ergeben, dass im Kreis Augsburg die Zahl der Schulen mit flächendeckendem WLAN bei überdurchschnittlich guten 57 Prozent liegt, in der Stadt Augsburg aber nur bei 22 Prozent.

Als in Niedersachsen Mitte August das neue Schuljahr begann, hielt sich das Kultusministerium bei der Frage nach Glasfaseranschlüssen für die Schulen des Landes bedeckt. Statt hierzu Zahlen vorlegen zu können, hob das Kultusministerium hervor, wie viele Schulen zumindest gigabitfähige Anschlüsse hätten. Des Weiteren erklärte das Ministerium, dass die Schulträger für die digitale Ausstattung der Schulen verantwortlich seien und zog sich damit selbst aus der Verantwortung.

Einer Bitkom-Umfrage unter deutschen Schülerinnen und Schülern zufolge, die am 10. August vorgestellt wurde, beklagten 87 Prozent der Heranwachsenden, dass sie in ihren Schulen kein oder nur ein schlechtes WLAN zur Verfügung haben. 59 Prozent sagten, dass der Lehrkräftemangel eines der dringlichsten Probleme an den Schulen ist, 56 Prozent die schlechte technische Ausstattung. Erst danach folgten Probleme wie der Umgang der Schüler untereinander oder der Unterrichtsausfall.

Laut Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst scheitere es beim Internetausbau für Schulen oft an der letzten Meile. Es muss also zum einen hinterfragt werden, welche Anschlussart es tatsächlich mit welcher Leistung bis zum Schultor geschafft hat, und zum anderen, ob die Schulträger die Internetanschlüsse auch bis in die Schulgebäude bringen konnten – etwa auch mit ausreichenden WLAN-Repeatern.

(kbe)