Bitkom: Lehrer und Schüler sind keine Digitalmuffel – an der Ausstattung haperts
Der Bitkom-Präsident betont: Lehrkräfte sind für Schüler mehrheitlich keine Digitalmuffel. Er fordert: Der 2. DigitalPakt muss kommen – mit mehr Mitteln.
Kein WLAN oder nur schlechtes, der Fachkräftemangel und auch eine insgesamt schlechte technische Ausstattung in Schulen wird von der Mehrheit der befragten Jugendlichen in der neuen Umfrage des Branchenverbands Bitkom bemängelt. Die Lehrkräfte, die im Dienst sind, werden von ihren Schülern aber deutlich positiver wahrgenommen, als vielleicht vermutet. Sie sind es, die momentan hauptsächlich bei technischen Problemen helfen und die auch einigen Lehrwünschen der Heranwachsenden gut nachkommen.
Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst stellt deshalb fest: "Lehrkräfte sind keine Digitalmuffel". Er warnt aber davor, Lehrkräfte in Sachen IT-Support weiter zu belasten. Auch durch einen zweiten DigitalPakt Schule sollten Mittel für die Digitalisierung der Schulen und den laufenden Support verstetigt werden.
Interessierte Schülerschaft
Wie Wintergerst bei der Vorstellung der Bitkom-Studie erklärte, ist das Interesse der Schülerinnen und Schüler an digitaler Bildung da und groß – auch einem Pflichtfach Informatik stehen die Befragten in der Mehrheit positiv gegenüber.
"Diese aufgeschlossene Grundhaltung der Schülerinnen und Schüler ist eine riesige Chance für die Modernisierung von Deutschlands Schulen. Jetzt müssen die Schulen, unterstützt von Bund und Ländern, auch liefern", unterstrich er. Damit warb er unter anderem für einen zweiten DigitalPakt Schule, auch wenn er klarstellte, dass es verwunderlich sei, dass trotz des ersten DigitalPakts Schule immer noch so schlechte Werte für Internetzugänge in Schule zustande kommen.
So erklärten 87 Prozent der Befragten, dass sie kein oder nur ein schlechtes WLAN in den Schulen zur Verfügung haben. 59 Prozent sagten, dass der Lehrkräftemangel eines der dringlichsten Probleme an den Schulen ist, 56 Prozent die schlechte technische Ausstattung. Erst danach folgen Probleme wie der Umgang der Schüler untereinander oder der Unterrichtsausfall.
Wintergerst hob hervor, dass die Digitalisierung in allen Gesellschaftsbereichen – insbesondere auch in der Verwaltung – eine wichtige Aufgabe sei. Deutschland sei hier schon abgehängt und müsse aufholen. Die zeitgemäße Ausbildung der Schülerinnen und Schüler sei besonders wichtig, um etwa auch technologische Abhängigkeiten abzubauen.
Wer kümmert sich nun?
In den Schulen klaffen laut Umfrage aber nicht nur Lücken bei der infrastrukturellen Ausstattung, sondern auch beim Support. Drei Viertel (74 Prozent) der Schülerinnen und Schüler sagen, dass bei ihnen eine Lehrkraft für den IT-Support zuständig ist. IT-Fachpersonal steht nur für 5 Prozent der Befragten in den Schulen zur Verfügung, externe Dienstleister können nur 2 Prozent der Befragten kontaktieren, wenn sie Probleme mit technischen Geräten haben. 16 Prozent der Befragten erhalten gar keinen technischen Support. Das Budget hierfür hätte aus dem Sofortausstattungsprogramm für Administratoren aus der Coronazeit abgerufen werden können, erklärte Wintergerst. Dieses Sofortprogramm habe aber vergleichsweise wenig Anklang gefunden. Gründe hierfür müssten weiter erörtert werden.
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Von den bereitgestellten 500 Millionen dieses Programms wurden bis Ende März nur 33 Prozent bewilligt oder in abgeschlossenen Vorhaben gebunden. Anders sieht das für die ebenfalls mit jeweils 500 Millionen Euro ausgestatteten Sofortprogramme aus, mit denen Endgeräte für Schüler oder Leihgeräte für Lehrkräfte beschafft werden konnten. Diese Mittel wurden nahezu ausgeschöpft. Das erkläre unter anderem, warum 73 Prozent der Befragten angaben, einen Laptop oder ein Tablet von der Schule erhalten zu haben. Vergleichsweise geringe 25 Prozent der Befragten verneinten dies.
Da es in den Schulen nun immer mehr technische Infrastruktur und Geräte gibt, steige automatisch der Bedarf an technischem Support, so Wintergerst. Dies dürfe aber nicht dazu führen, dass die IT-Administration "auf dem Rücken der Lehrkräfte abgeladen" wird. "Die Schulen sollten über den DigitalPakt dauerhaft jene Mittel erhalten, die es braucht, um die IT aktuell und am Laufen zu halten." Der Bitkom fordert deshalb zum einen eine nahtlose Anschlussfinanzierung an den ersten DigitalPakt durch einen zweiten, zum anderen eine Erweiterung des Förderrahmens. Mindestens 1 Milliarde Euro pro Jahr solle es bis zum Jahr 2030 oder länger geben.
Einsatz, Angebot und Nachfrage
Die Schülerinnen und Schüler beurteilten den Einsatz digitaler Bildungsmedien im Unterricht wie etwa Lernplattformen in der Mehrzahl (74 Prozent) positiv oder gaben an, dass sie durch den Einsatz bessere Schulnoten erreichen können (56 Prozent). Sie könnten laut der Schüler allerdings ein Update vertragen: Rund 62 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass die zur Verfügung stehenden Bildungsmedien selbst veraltet sind oder die Auswahl zu gering ist. 42 Prozent kritisieren, dass ihre Lehrkräfte nicht wissen, wie sie digitale Bildungsmedien sinnvoll im Unterricht einsetzen können. Nur 13 Prozent der Befragten wollen nicht mit digitalen Bildungsmedien lernen.
Geht es um die Lehrinhalte, zeigt sich, dass das Angebot oft noch nicht der Nachfrage entspricht. So wird den Schülern zwar schon Vielfach die richtige Nutzung des Internets für Recherchen beigebracht (77 Prozent), die Reparatur oder der Bau von technischen Geräten wird trotz großer Nachfrage (61 Prozent) nur bei 5 Prozent der Befragten angeboten.
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Technische Grundlagen wie Programmiersprachen werden zwar bei 42 Prozent der Befragten vermittelt, bei 29 Prozent ist das aber nicht der Fall. Und Unterrichteinheiten, die sich mit neuen Entwicklungen wie KI oder Big Data beschäftigen, gibt es nur bei 24 Prozent der Befragten.
Pflichtfach Informatik
66 Prozent der Befragten halten ein Pflichtfach Informatik von der fünften bis zur zehnten Klasse für eine gute, nur 10 Prozent halten dies für eine schlechte Idee.
Im Vergleich dazu wird das Pflichtfach Informatik in einigen Bundesländern immer noch sehr zaghaft eingeführt. Es wird momentan beispielsweise nur für wenige Klassenstufen in der Sekundarstufe I angeboten. Mit Weiterbildungen soll für das Pflichtfach der Fachkräftemangel zumindest gemindert werden; so geht etwa Niedersachsen vor.
Methodik
Für die Studie befragte Bitkom Research ingesamt 504 Schülerinnen und Schüler zwischen 14 und 19 Jahren. Der Datensatz soll auf Grundlage des Berichts zu allgemeinbildenden Schulen des Statistischen Bundesamts repräsentativ gewichtet worden sein. Die Fehlerspanne liegt bei +/- 5 Prozent.
(kbe)