Erneuerbare Energie: Netzanschluss neuer Solarpanele soll schneller gehen​

Strom aus erneuerbaren Energien soll schneller ans deutsche Netz. Eine Datenbank muss her. Die "Übertaktung" der Höchstspannungsnetze geht weiter.​

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Solarpanel, darauf verschlungene Anschlusskabel

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 3 Min.

Eine neue Datenbank soll den Zertifizierungsaufwand senken, den es für den Anschluss neuer Stromquellen an das deutsche Stromnetz gibt. Speziell Photovoltaikanlagen auf Dächern sollen davon profitieren. Eine entsprechende Novelle der NELEV (Elektrotechnische-Eigenschaften-Nachweis-Verordnung) hat die Bundesregierung am Mittwoch beschlossen. Die Erleichterung gilt für Anlagen, die Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen, sofern die installierte Gesamtleistung 500 Kilowatt und die Einspeiseleistung 270 Kilowatt nicht übersteigt – unabhängig von der Spannungsebene.

Bislang muss jede Anlage einzeln zertifiziert werden, bevor sie an einen Netzverknüpfungspunkt eines Verteilnetzbetreibers angeschlossen werden kann. Das stellt zwar sicher, dass sie die technischen Anforderungen erfüllt, ist aber aufwändig und bremst. Speziell wenn zigfach Solaranlagen aus den immer gleichen Bauteilen installiert werden, schwindet der Nutzen der Einzelzertifizierungen.

Also haben sich Wirtschaftsministerium und Bundesnetzagentur etwas einfallen lassen: Zukünftig müssen die Zertifikate aller im Handel erhältlichen Einheiten und Komponenten in einer öffentlichen Datenbank registriert werden. Wer dann eine kleine Anlage ans Netz bringen möchte, die Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt oder die Strom aus einem Speicher zuführt, muss seine Anlage nicht mehr separat zertifizieren lassen. "Zukünftig müssen die Anlagenbetreiber dem Verteilnetzbetreiber nur noch die Zertifikatnummer des in ihrer Anlage verbauten Wechselrichters nennen", teilt das deutsche Wirtschaftsministerium mit.

Juristisch erfolgt das durch die Novelle der NELEV und eine Anpassung der einschlägigen Standardisierungsnormen TAR (Technische Anschlussregeln). Weil das Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. (VDE-FNN) für das TAR-Update Zeit braucht, und die Regierung nicht zuwarten möchte, plant sie eine Übergangsregelung in Form einer neuen Verordnung namens EAAV (Energieanlagen-Anforderungen-Verordnung). Die EAAV wird voraussichtlich im November beschlossen.

Zum Thema Energie richtet die Bundesregierung nun drei Ersuchen an den Gesetzgeber: Erstens soll die erwähnte Zertifikatedatenbank im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) verankert werden. Zweitens soll das Gasspeichergesetz länger gelten, nämlich um zwei Jahre bis Ende März 2027. Dieses Gesetz schreibt vor, wie gut deutsche Gasspeicher zu bestimmten Stichtagen gefüllt sein müssen: 1. September 75 Prozent, 1. Oktober 85 Prozent, 1. November 95 Prozent, 1. Februar 40 Prozent. Das soll die Versorgung insbesondere in der Heizperiode sicherstellen. "Derzeit liegt der Füllstand der deutschen Speicher im Schnitt bei rund 94 Prozent", gibt das Ministerium Entwarnung, "Das Zwischenziel für September von 75 Prozent wurde also bereits deutlich übertroffen."

Andererseits soll das "Übertakten" im deutschen Hochspannungsnetz verlängert werden. Die ungleiche Verteilung von Quellen erneuerbarer Energien, in Verbindung mit der Abschaltung von Atomkraftwerken und dem schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung, stellt neue Anforderungen an die Übertragung großer Strommengen über größere Distanzen. Das ist Aufgabe der Höchststpannungsleitungen, deren Ausbau jedoch zäh läuft.

Seit Jahresbeginn darf über deutsche Höchstspannungsleitungen mehr Strom geleitet werden, als ursprünglich genehmigt. Diese "Übertaktung" heißt im Amtsdeutsch "temporäre Höherauslastung des Höchstspannungsnetzes"; technisch handelt es sich um eine Erhöhung der Stromtragfähigkeit ohne Erhöhung der zulässigen Betriebsspannung. Nebenwirkung sind höhere magnetische Felder. Das müssen Betreiber betroffener anderer Infrastruktur dulden, sagt Paragraf 49b Energiewirtschaftsgesetz.

Diese Regelung läuft Ende März 2024 aus. Weil die Erfahrungen seit Jahresbeginn positiv seien, möchte die Regierung jetzt, dass das Parlament die temporäre Höherauslastung des Höchstspannungsnetzes drei Jahre länger, mithin bis Ende März 2027, gestattet.

(ds)