Streit um Powerline in Österreich [Update]

In Österreich streiten sich Funknutzer und Powerline-Anbieter mit harten Bandagen. Der PLC-Betreiber Linzstrom will den österreichischen Amateurfunkverband nun wegen Kreditgefährdung verklagen.

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Von
  • Urs Mansmann

Die Auseinandersetzung zwischen den Betreibern von Powerline-Systemen (PLC) und Funknutzern gewinnt in Österreich an Schärfe. Der Linzer Stromversorger und PLC-Betreiber Linzstrom will gegen den österreichischen Amateurfunkverband OEVSV eine Klage wegen Kreditgefährdung anstrengen, wie Anwälte des Unternehmens mitteilen. Die Streitigkeiten zwischen Funkamateuren und PLC-Nutzern begannen bereits kurz nach ersten Tests der neuen Technik. PLC benutzt den Kurzwellenbereich in mehreren Blöcken zwischen 4 und 21 MHz, wobei das Signal in den wichtigsten Amateurbändern abgesenkt ist. Allerdings sind Stromleitungen unsymmetrisch und nicht geschirmt, so dass das Datensignal abgestrahlt werden kann und dadurch für Störungen sorgt -- nicht nur in den Amateurfunkbändern, sondern auch beim kommenden Digital Radio Mondiale (DRM). Die Diskussionen drehen sich nun um die Heftigkeit dieser Störungen. Laut Berichten von Funkamateuren überdecken die Störsignale selbst noch die stärksten Rundfunkstationen im Kurzwellenbereich. Die Stromversorger hingegen streiten dies rundweg ab.

Nun will die österreichische Fernmeldebehörde heute Messwerte aus Linz veröffentlichen. Offenbar sind die Werte den Kontrahenten bereits bekannt; allerdings unterscheidet sich die Interpretation so sehr, dass man geneigt ist, an unterschiedliche Messungen zu glauben. Laut OEVSV sind die zuletzt festgestellten Messwerte für die Störstrahlung niedriger geworden, lägen aber immer noch um 20 bis 30 dB über dem Basispegel. Das würde einen Anstieg des natürlich vorhandenen Rauschteppichs um den Faktor 100 bis 1000 bedeuten, ausreichend um selbst starke Sender zu überdecken.

Die Linzstrom AG beharrt indessen darauf, dass die von ihr eingesetzte Technik allen rechtlichen und technischen Anforderungen genüge. Das Messergebnis der österreichischen Fernmeldebehörde sei für die Linzstrom "außerordentlich gut" ausgefallen.

Der OEVSV-Fachreferent Michael Kastelic erinnert an den Nutzen der Kurzwelle. Bei der Lawinenkatastrophe von Galtür etwa sei der Ort komplett von der Außenwelt abgeschnitten gewesen -- nur Kurzwellenfunk habe noch zuverlässig funktioniert. Auch bei großflächigen Naturkatastrophen wie etwa Erdbeben greifen Rettungsdienste immer wieder auf Kurzwellenfunk zurück, weil dieser die Kommunikation über tausende von Kilometern mit vergleichsweise einfachen Mitteln ermöglicht. Im Mai 2003 soll es bei einer Katastrophenschutzübung des österreichischen Roten Kreuzes erhebliche Störungen durch PLC-Anwendungen gegeben haben.

In Deutschland haben indes die meisten PLC-Betreiber aufgegeben -- neben der Störproblematik ergaben sich auch technische Probleme. Außerdem kann PLC von der nutzbaren Bandbreite nicht mit anderen Techniken wie beispielsweise DSL mithalten, da sich rund 50 bis 150 Haushalte einen Nutzkanal teilen, der ungefähr die Bandbreite eines DSL-Anschlusses hat. Der Schweizer Konzern Ascom stieg entgegen anderslautenden Meldungen nicht aus dem Powerline-Geschäft aus und produzierte im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben 25.000 PLC-Modems.

Derzeit größter aktiver PLC-Anbieter in Deutschland ist die MVV in Mannheim. Dort gibt es aber zum einen einige Klagen von Anwendern über langsame Datenübertragungsraten oder Aussetzer und andererseits Beschwerden von Funknutzern über Empfangsstörungen. Nach Angaben des deutschen Amateurfunkverbandes DARC stellte die Regulierungsbehörde bei Messungen in Mannheim erhebliche Störungen des Rundfunkempfangs auf Kurzwelle fest.

Allerdings verbreitet sich die PLC-Technik derzeit quasi durch die Hintertür; mit den zunehmend beliebten Adaptern für die Inhouse-Kommunikation, die das Internet innerhalb der Wohnung über das Stromnetz in alle Zimmer verteilen. Ein Test eines Breitband/PLC-Routers erscheint in der am Montag am Kiosk liegenden c't-Ausgabe 4/04 (uma)