Niederlage für Minister Sander im Umweltzonen-Streit

Niederlage für Minister Sander im Umweltzonen-Streit

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Von
  • Gernot Goppelt

Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) musste heute eine Niederlage vor dem Verwaltungsgericht Hannover einstecken. Der Minister scheiterte vorläufig mit dem Versuch, die von der Stadtverwaltung eingerichtete Plakettenregelung per Anordnung zu entschärfen. Wie die 4. Kammer des Gerichts heute entschied, hat es den Eilanträgen gegen Änderung der Umweltzone (teilweise) stattgegeben.

Der Minister hatte am 21. Januar 2010 die Stadt Hannover angewiesen, den Luftreinhalteplan so zu ändern, dass Dieselfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 3 die Umweltzone befahren dürfen, auch wenn sie nicht mit einem Partikelfilter nachgerüstet sind. Seine Argumentation beruht auf einem Gutachten des Umweltbundesamts, nach dem die Nachrüstung von Partikelfiltern zu einem höheren NO2-Ausstoß führe – Nachrüstfilter seinen deswegen im Hinblick auf die Luftreinhaltung sogar schädlich.

Das Gericht widersprach dieser Auffassung. Es untersagt der Landeshauptstadt Hannover im Wege einer einstweiligen Anordnung, der Weisung zu folgen, ohne zuvor die in § 47 Abs. 5 a BImSchG vorgesehene Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt zu haben. Nach Auffassung der Kammer folgt aus der Vorschrift, die Öffentlichkeit zu beteiligen, ein Recht eines jedes Einzelnen, der Teil der von dem Luftreinhalteplan betroffenen Öffentlichkeit ist, dieses Recht grundsätzlich auch einzuklagen. Auch den von Sander genannten Sachgrund überzeugen die Kammer nicht. Sie geht derzeit auf Grundlage ihres Urteils aus dem April 2009 davon aus, dass jedes Diesel-Kfz mit Oxidationskatalysator durch Einbau eines Partikelfilters weniger Stickstoffdioxid ausstößt.

Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zulässig. Diese Gelegenheit wahrzunehmen, wäre für Sander nicht ohne Risiko. Schon kurz nach Bekanntwerden von Sanders Weisung an die Stadt Hannover kamen Zweifel auf, ob das von ihm zitierte Gutachten für Pkw überhaupt relevant ist. Denn es befasst sich mit Stadtbussen, bei denen die gleichzeitige Nachrüstung von Partikelfilter und Oxidations­katalysator wohl tatsächlich einen höheren NO2-Ausstoß zur Folge hatten. Bei Euro-3-Diesel-Pkw ist der Oxikat jedoch ohnehin verbaut, eine Nachrüstung mit Partikelfilter senkt die NO2-Emissionen, wie Vertreter zweier Filterhersteller gegenüber heise Autos im Januar erklärten.

Update: Umweltminister Sander hat das Urteil des Gerichts akzeptiert: "Ich schließe aus, dass ich in Berufung gehe", sagte Sander in Hannover. Er wolle nun gemeinsam mit der Stadt eine Lösung suchen. Er habe auch bereits Gespräche mit Oberbürgermeister Stephan Weil (SPD) geführt. Es müsse ausgelotet werden, "welche Kompromisse wir eingehen können", sagte Sander. Möglicherweise könne es weitere und unbürokratischere Ausnahmeregelungen geben, die für die Bürger erträglicher wären. (Mit Material der dpa) (ggo)