MWC: Mit dem Gyroskop in virtuelle Welten

Das US-Unternehmen Invensense stellt auf dem MWC sein Gyroskop MPU-3000 für Smartphones vor, das eine komplette Oberflächenbedienung über Handbewegungen ermöglicht.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Achim Barczok

Mit der Motion Processing Unit wird das Smartphone ein Schaufenster in virtuelle Welten

(Bild: heise online)

Auf einem 3,2-Zoll-Handydisplay verwandelt sich der MWC-Stand von Qualcomm in eine virtuelle Welt: 3D-modellierte Wände, Kachelböden und Shops rauschen beim Schwenken eines Smartphones über den kleinen Bildschirm und lassen den Eindruck entstehen, man schaue durch ein kleines Fenster in eine andere Welt. Die verblüffend präzise und zeitnahe Synchronisation zwischen Smartphone-Position und virtuellem Raum verdankt der Betrachter einem Mikrosystem des amerikanischen Unternehmens Invensense, dem der Chipsatzhersteller Qualcomm als Investmentpartner ein Stück Präsentationsfläche auf seinem Stand eingerichtet hat. Invensense ist Spezialist für Gyroskoptechnik, die beispielsweise in der Wii-Remote-Erweiterung MotionPlus und in einigen Premiumgeräten des Navigationsherstellers TomTom Bewegungen in digitale Daten umwandelt.

Auf dem MWC präsentiert das Unternehmen sein Gyroskop MPU-3000, das anders als die in MotionPlus und TomTom-Navis eingebauten Systeme Drehungen auf X-, Y- und Z-Achse registriert. Für eine noch genauere Erfassung der Bewegung kombiniert Invensense das 4 mm × 4 mm × 0,9 mm große MEMS außerdem mit einem digitalen Beschleunigungssensor und einem digitalen Kompass. Insgesamt kann die "Motion Processing Unit" Bewegungen in alle Richtungen präziser und zeitnäher registrieren als die Kombination aus Beschleunigungssensor und digitalem Kompass, die man beispielsweise im iPhone und dem Google-Nexus One findet. Um das zu demonstrieren, hat Invensense für die Messe das System in ein G1-Smartphone mit Android gesteckt und einige passende Anwendungen wie den virtuellen Raum entwickelt, den man durchschreiten und durch Schwenken erforschen kann.

Auf 1 cm x 1cm kombiniert Invensense Gyroskop, Beschleunigungssensor und Kompass.

(Bild: heise online)

Doch das MPU-3000 lässt sich nicht nur für virtuelle Rundgänge und 3D-Spiele nutzen. Mike Housholder von Invensense führt vor, wie sich das Smartphone durch einfache Bewegungen steuern lässt: Kippt man das G1 bei gedrücktem Trackball zur Seite, rückt der Cursor zum passenden Icon. Dreht man es im Fotobetrachter, scrollt es durch eine Coveransicht der Bildergalerie – je nach Winkel langsamer oder schneller. Neigt man es nach hinten, zoomt man in das Bild hinein. Zeichnet man mit der Hand ein "C" in die Luft, öffnet sich die Kamera-Applikation. Dabei reagiert die Oberfläche sehr schnell, ohne lästige Wartesekunden. Um eine Applikation auszuführen, reicht ein Tippen an einer beliebigen Stelle auf dem Gehäuse. "Man kommt bei der Bedienung ganz ohne Touchscreen aus", meint Housholder.

Die präzise Erkennung lässt sich sogar für eine biometrische Bildschirmsperre nutzen: Zum Entsperren muss der Anwender seine Unterschrift in die Luft zeichnen – eine reizvolle Alternative zur PIN, wenn auch das Smartphone-Fuchteln bei Außenstehenden Stirnrunzeln verursachen dürfte. Viele weitere Anwendungsszenarien sind möglich, ist Housholder überzeugt, und verweist dabei auf Augmented Reality, derzeit ein beliebtes Thema im Smartphone-Geschäft. Mobile Anwendungen wie Layar oder Wikitude stellen auf iPhones und Android-Smartphones georeferenzierte Informationen auf dem Kamera-Live-Bild abhängig von ihrem Ort dar. Aufgrund der Handytechnik funktioniert das nicht besonders flüssig und ist ungenau, mit dem Invensense-System soll es besser klappen.

Für Smartphone-Hersteller attraktiv ist das System aufgrund der Herstellung auf Siliziumbasis: Es passt in jedes Smartphone und soll um ein Vielfaches günstiger sein als vergleichbare Lösungen. Bis zum geplanten Marktstart im dritten Quartal 2010 könne man bei Massenproduktion einen Preispunkt unter 4 US-Dollar erreichen, so Housholder. (acb)