USA vor Rückkehr zur Netzneutralität

Die Regulierungsbehörde FCC gibt grünes Licht für eine Rückkehr zur Netzneutralität. Republikaner und Internetanbieter sind dagegen.

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Netzneutralität

Ein Mann baut bei einer Protestaktion vor dem Gebäude der Telekommunikationsaufsicht FCC in Washington einen riesigen Wecker ab, auf dem "Netzneutralität" und "Weckruf" geschrieben steht.

(Bild: dpa, Carolyn Kaster/AP)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Andreas Knobloch

Die US-amerikanische Regulierungsbehörde FCC (Federal Communications Commission) hat am Donnerstag auf ihrer monatlichen Sitzung über einen Vorschlag zur Wiederherstellung der Regeln für ein offenes Internet abgestimmt und eine Regelung vorgeschlagen, die es Breitbandanbietern untersagt, bestimmten Internetverkehr zu bevorzugen oder zu drosseln.

Die Kommissare der von den Demokraten geführten Behörde stimmten mit 3 zu 2 Stimmen für den Beginn eines Prozesses zur Wiedereinführung der sogenannten Netzneutralität (PDF), die während der Trump-Administration aufgehoben wurde. Eine endgültige Abstimmung wird wahrscheinlich im kommenden Jahr stattfinden.

Nachdem die Kommission die Bekanntmachung des Regelungsvorschlags gebilligt hat, erhält die Öffentlichkeit nun die Gelegenheit, sich zu dem Vorschlag zu äußern. Danach wird die Behörde die Rückmeldungen der Öffentlichkeit auswerten und bei der Ausarbeitung einer endgültigen Regelung berücksichtigen.

Die Republikaner und die Internetanbieter wehren sich insbesondere dagegen, dass die Regeln der FCC die Internetanbieter unter Titel II des Communications Act von 1934 neu klassifizieren, wodurch sie als öffentliche Versorgungsunternehmen reguliert würden. Damit würde die FCC in die Lage versetzt, Hochgeschwindigkeitsinternet als Versorgungsleistung wie Wasser oder Strom zu kategorisieren. Die Gegner befürchten, dass dies der Kommission letztendlich die Möglichkeit eröffnen könnte, Preiskontrollen für Internetanbieter einzuführen.

Die Befürworter dagegen verweisen darauf, dass die vorgeschlagenen Regeln die Regulierungsbehörde in die Lage versetzen, Breitbandanbieter auf Verstöße gegen die Netzneutralität, Schäden für die Verbraucher und Sicherheitsmängel hin zu kontrollieren. Vor allem sei die Rückkehr zur Netzneutraliät ein wichtiger Schritt, weil die Verbraucherinnen und Verbraucher zunehmend auf das Internet als hauptsächliche Kommunikationsquelle angewiesen sind.

"Die Pandemie hat deutlich gemacht, dass Breitband nicht mehr 'nice-to-have' ist, sondern ein 'need-to-have' für jeden und überall. Es ist kein Luxus. Es ist eine Notwendigkeit. Es ist eine wesentliche Infrastruktur für das moderne Leben. Ohne sie hat niemand eine faire Chance, im 21. Jahrhundert erfolgreich zu sein. Wir brauchen Breitband, um 100 Prozent von uns zu erreichen – und wir brauchen es schnell, offen und fair.", wird die FCC-Vorsitzende, die Demokratin Jessica Rosenworcel, in einem Fact Sheet mit dem Titel "Zehn Fakten zum Schutz der Netzneutralität" zitiert (PDF)

Der Netzneutralität liegt die Idee zugrunde, dass Breitbandkundinnen und -kunden Zugang zu jeder Website haben sollten, ohne dass sie von Anbietern von Hochgeschwindigkeits-Internetdiensten behindert werden. Das Konzept wurde vor mehr als 15 Jahren von dem Rechtwissenschaftler Tim Wu geprägt, um Kabel- und Telekommunikationsunternehmen, die Internetdienste anbieten, daran zu hindern, die Bereitstellung von Websites wie Google, Netflix oder Skype, die mit ihnen konkurrieren, zu blockieren oder zu verlangsamen. Kurz gesagt: Internetanbieter sollen Datenleitungen neutral bereitstellen, so wie es Telefongesellschaften für Mobilfunkanbieter tun.

Die Ausweitung der Kompetenzen der Regulierungsbehörden in Bezug auf das lukrative Breitbandgeschäft wird von Gegnern immer wieder als staatliche Kontrolle des Internets diffamiert. Vor allem die Ära Donald Trump war geprägt von einer Deregulierung in vielen Branchen, auch im Breitbandbereich. Der von Trump ernannte damalige FCC-Vorsitzende Ajit Pai hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Netzneutralität zu kippen – mit Erfolg.

Ende 2017 wurde die Abschaffung der Netzneutralität beschlossen. Damals waren die Mehrheitsverhältnisse in der FCC noch andere und die Republikaner setzten sich in der Abstimmung mit 3 zu 2 Stimmen durch. Die derzeigte demokratische FCC-Vorsitzende Jessica Rosenworcel kündigte ihre Absicht an, die Regeln zur Netzneutralität wieder einzuführen, kurz nachdem die Demokratin Anna Gomez als fünfte und letzte Kommissarin der Behörde vereidigt worden war, wodurch zum ersten Mal in der Amtszeit von US-Präsident Joe Biden eine demokratische FCC-Mehrheit zustande kam. Die vorherige Kandidatin des Präsidenten, Gigi Sohn, sah sich mit dem hartnäckigen Widerstand mehrerer republikanischer Abgeordneter konfrontiert, bevor sie sich aus dem Verfahren zurückzog. In der Zwischenzeit befand sich die Behörde in einer Pattsituation.

(akn)