Petition gegen 720p-HD bei ARD und ZDF

Mit den Olympischen Winterspielen hat der HDTV-Regelbetrieb bei ARD und ZDF begonnen – eigentlich ein Grund zur Freude für Fans hochaufgelöster Fernsehbilder. Doch das zur Verfügung gestellte Bildmaterial im 1080i-Format wird erst runter- und von Full-HD-Fernsehern dann wieder hochgerechnet. Qualitätsverluste sind die Folge.

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Von
  • Nico Jurran

Mit den Olympischen Winterspielen in Vancouver hat auch der HDTV-Regelbetrieb bei ARD und ZDF begonnen – eigentlich ein Grund zur Freude für Fans hochaufgelöster Fernsehbilder. Dennoch haben einige HDTV-Fans nun unter dem Titel "1080i bei ARD+ZDF jetzt!" eine Online-Petition gestartet, in der die öffentlich-rechtlichen Sender aufgefordert werden, die verwendete Auflösung zu ändern. Bis zum heutigen Nachmittag wurden über 2200 Unterschriften gesammelt.

Denn HDTV ist nicht gleich HDTV: Während die privaten HD-Sender auf das Format 1080i mit 1920×1080 Bildpunkten setzen, wählten die öffentlich-rechtlichen Sender für ihre drei HDTV-Kanäle "Das Erste HD", "ZDF HD" und "Arte HD" das Format 720p mit einer geringeren Auflösung von 1280×720 Pixel. Ausgestrahlt werden jeweils 50 Halb- oder Vollbilder pro Sekunde (1080i50/720p50). Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass es sich bei 720p um ein Vollbildformat handelt, während die TV-Bilder bei 1080i im Zeilensprungverfahren ("interlaced") ausgestrahlt werden. Da die beiden Halbbilder zeitlich auseinander liegen, können beim Zusammenfügen (De-Interlacing) Bildartefakte auftreten. Dank der Verwendung von Vollbildern sei bei 720p eine bessere Bewegungsdarstellung realisierbar.

Diese Rechnung geht allerdings nur auf, wenn das Ausgangsmaterial auch tatsächlich mit 50 (oder mehr) Vollbildern produziert wurde. Optimal wäre 720p bei Sportübertragungen, doch die in Vancouver an Sender weltweit verteilten HDTV-Bilder werden in 1080i mit 59,94 Halbbildern pro Sekunde produziert – eben weil die meisten Sender weltweit im 1080i-Format ausstrahlen. ARD und ZDF wandeln diese Bilder ins Vollbild-Format 720p50 mit der niedrigeren Auflösung um – und Full-HD-Fernseher rechnen sie wiederum auf die Auflösung 1920×1080 Pixel hoch. Auch die Techniker der Öffentlich-Rechtlichen räumen ein, dass jede Wandlung einen Qualitätsverlust mit sich bringt. Sie argumentieren aber, dass das von den ARD- und ZDF-Studiogeräten durchgeführte De-Interlacing weniger Artefakte verursache als gewöhnliche De-Interlacer im Fernseher. Aktuell überträgt der vom Pay-TV-Sender Sky ausgestrahlte Sportkanal "Eurosport HD" die Bilder aus Vancouver in 1080i – inklusive Einblendung "Native Resolution".

Das Problem beschränkt sich aber nicht auf Olympia. Auch die Spiele der deutschen Fußball-Bundesliga und die kommende Fußball-WM werden in 1080i produziert. Und stets fallen Spielfilme und eine ganze Reihe von Serien heraus, die mit 24 oder 25 Vollbildern pro Sekunde produziert werden. Die Vollbilder dieses Quellmaterials lassen sich für 1080i50 leicht in jeweils zwei Halbbilder teilen (im Fall von 24p nach einem Speed-Up), sodass man auf 50 Bilder pro Sekunde kommt. Da die so erzeugten Halbbilder auch nicht zeitlich auseinander liegen, können beim Zusammenfügen auch keine De-Interlacing-Artefakte auftreten. Bei 720p50 hat man bei 24/p25p-Quellen wiederum keine Vorteile von der Vollbild-Ausstrahlung, da hier sowieso (vereinfacht gesprochen) jedes Ausgangsbild nur doppelt ausgestrahlt wird und der Receiver eines davon wegwirft.

In der genannten Petition ist auch zu lesen, dass unsere niederländischen Nachbarn den direkten Vergleich und die Wahl des Formats hatten und sich mit überwältigender Mehrheit für 1080i entschieden. Damit spielen die Initiatoren der Petition offenbar auf die Entscheidung des niederländischen Broadcasters NPO an, der nach massiven Beschwerden der Zuschauer über die Bildqualität bei der Übertragung der Fußball-Europameisterschaft 2008 von 720p abrückte.

Unerfüllbar ist nach Angaben des ZDF ein zeitnaher Wechsel auf das Vollbildformat 1080p50. Zwar seien erste Fernsehkameras verfügbar, die in diesem Format aufnehmen. Tatsächlich fehlten aber für den Sendebetrieb noch wichtige Glieder in der Produktionskette. (nij)