Neue Spezifikationen für starke und etwas sparsamere PC-Netzteile

Eine neue Revision der ATX-Spezifikation soll noch mehr elektrische Leistung in PCs pumpen, ein neuer Standard für effizientere Netzteile sinnlose Energieverschwendung mindern.

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Der elektrische Leistungsbedarf von Computern steigt kontinuierlich an. Intels neue Pentium-4E-Generation Prescott benötigt unter Volllast über 100 Watt Leistung, kommende PCI-Express-Grafikkarten dürfen sich 75 Watt genehmigen. Um damit ausgestattete Rechner sicher und stabil mit Strom zu versorgen, wurden eine Reihe von ATX-Standards überarbeitet. Auf der Webseite www.formfactors.org stehen zum Download bereit:

  • ATX Specification Revision 2.2
  • microATX Electrical Design Suggestions Revision 1.1
  • microATX Motherboard Interface Specification Revision 1.2
  • ATX12V Power Supply Design Guide Revision 2.0
  • SFX12V Power Supply Design Guide Revision 3.0 (Small Form Factor)
  • TFX12V Power Supply Design Guide Revision 2.0 (Thin Form Factor)

Eine wesentliche Neuerung in diesen Spezifikation ist ein neuer Main-Power-Steckverbinder mit 24 Kontakten; bisher waren bei Desktop-Mainboards 20 Kontakte üblich. Der mit ATX12V vor drei Jahren eingeführte separate Stecker für die 12-Volt-Versorgung der CPU-Kernspannungswandler bleibt erhalten. Auch der von Intel propagierte BTX-Formfaktor für kompakte Rechner und die zugehörige CFX12V-Netzteilspezifikation sehen diese Stecker vor. Die Belegung des neuen 24-poligen Steckers entspricht der bei EPS12V beschriebenen für Workstations und kleine Server; dort ist allerdings der separate 12-Volt-Stecker sechspolig.

Es ist also davon auszugehen, dass für viele Mainboards mit den kommenden Intel-Chipsätzen Alderwood und Grantsdale für Pentium-4-Prozessoren im LGA775-Gehäuse neue Netzteile erforderlich sein werden. Die neuen Richtlinien schreiben auch den Verzicht auf die selten benötigte negative 5-Volt-Spannung fest und empfehlen einen separaten (Hot-Plug-tauglichen) Stecker für Serial-ATA-Laufwerke.

Außer der Eigenschaft, viel Leistung liefern zu können, müssen PC-Netzteile vor allem auch billig sein; ansonsten lassen sich die zurzeit üblichen Straßenpreise von Komplettrechnern nicht realisieren. Manche hoch effizienten DC-DC-Wandler für den industriellen Einsatz kosten alleine so viel wie ein komplettes PC-Mainboard. Außer dem Sparzwang führt aber vor allem auch die Überdimensionierung von Netzteilen zu einer schlechten Effizienz der PC-Stromversorgung. Die neuen Spezifikationen fordern unter Volllast und typischer Last (50 Prozent) lediglich 70 Prozent Wirkungsgrad, bei geringer Belastung (bei unbelastetem Prozessor) sind sogar nur 60 Prozent gefordert. Als Empfehlungen nennt die Spezifikation 80 Prozent im typischen Lastfall, 75 Prozent unter Volllast und 68 Prozent bei geringer Belastung.

Diese Empfehlungen führen aber immer noch zu hohen elektrischen Verlusten, die der Umwelt schaden und laute Kühlung nötig machen. Geht man vereinfachend von einem 350-Watt-Netzteil aus, das einen 100-Watt-Prozessor und eine 75-Watt-Grafikkarte versorgt, so ergeben sich aus 80 Prozent Effizienz Verluste von über 40 Watt. In der Praxis kommen dazu noch die Verluste der zahlreichen Onboard-Spannungswandler.

Diese Probleme sind sowohl der Industrie als auch Umweltschutzorganisationen bewusst. Nach eigenen Angaben hat Intel deshalb Empfehlungen des US-amerikanischen Natural Resources Defense Council (NRDC) in die neuen ATX12V-Netzteilspezifikationen einfließen lassen. Die alten ATX12V-Vorschriften verlangten lediglich 68 Prozent Volllast-Wirkungsgrad; nach Angaben von Intel könnte die konsequente Umsetzung der neuen Empfehlungen alleine in den USA bis zu 1 Milliarde US-Dollar Energiekosten einsparen. Zwar soll bereits die empfohlene Effizienzsteigerung Mehrkosten von rund 10 US-Dollar pro PC verursachen, im typischen Büro-Einsatz ließen sich allerdings pro Jahr 17 US-Dollar sparen.

Doch sinnvoller wäre es wohl, zunächst einmal den Leistungsbedarf der Hardware selbst zu drosseln. Zwar hat Intel ähnlich wie AMD bei den Athlon-64-Prozessoren auch dem Prescott eine dynamische Spannungssteuerung verpasst, doch benötigen Athlon-64-Systeme mit funktionierendem Cool'n'Quiet sowohl im unbelasteten Zustand als auch unter Volllast deutlich weniger Leistung. Und Intels Spar-Berechnungen gehen wohl nur auf, wenn man den enormen Leistungsbedarf des neuen Pentium 4 zugrunde legt -- wo viel verbraten wird, lässt sich eben auch viel sparen. Darüber hinaus verkauft Intel mit dem Celeron auch einen Prozessor, der besonders ineffizient arbeitet, weil er trotz hoher Taktfrequenzen und hohem Strombedarf langsam ist. Auch viele Systeme mit Athlon-XP-Prozessoren von AMD verpulvern im unbelasteten Zustand viel Leistung, weil ein Bug jahrelang nicht beseitigt wurde.

Doch solange die überwiegende Mehrzahl der Käufer -- wie etwa auch bei Autos -- hauptsächlich auf Preis, Ausstattung und Leistung achtet und schon gar nicht bereit ist, für Energie-Effizienz mehr Geld zu bezahlen, wird sich wohl an der Technik wenig ändern. Dabei hat Intel mit dem Pentium M und dem Celeron M extrem effiziente Prozessoren im Angebot, die aber zurzeit fast ausschließlich in Notebooks und Industrie-Rechnern arbeiten. Außerdem tüftelt Intel auch an Spezifikationen für Bürocomputer, die die von US-Präsident Bush 2001 unterzeichnete 1-Watt-Standby-Direktive erfüllen. US-Behörden sollen demnach nur noch solche elektrische Geräte beschaffen, die im Standby-Modus maximal 1 Watt Leistung benötigen. Entsprechende PC-Netzteile hatte vor einigen Monaten das taiwanische Unternehmen FSP angekündigt, auf der Produkt-Webseite sind sie allerdings nicht zu finden. Im Allgemeinen ist es ohnehin sinvoll, Standby-Betrieb durch Netztrennung ganz zu vermeiden. (ciw)